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Medien und Gewalt.

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Übersicht <strong>Medien</strong>pädagogische Interventionsstrategien<br />

➔<br />

einer Rechtfertigung des jeweiligen Verhaltens <strong>und</strong> dem Hinweis, die Strafe sei unfair<br />

gewesen, sowie neutralen Schilderungen. Nach jeder Spielszene beurteilten die Kinder<br />

die Handlung des bestraften Spielers auf einer Skala, die von „sehr gut“ bis „sehr<br />

schlecht“ reichte. Es stellte sich heraus, dass das Urteil der Kinder dem Tenor des Kom­<br />

mentars entsprach (d. h. das kritisierte Verhalten wurde schlechter beurteilt als das<br />

gerechtfertigte, Szenen mit neutralen Kommentaren rangierten dazwischen). Ein<br />

Einfluss der Kommentare <strong>und</strong> dieser Beurteilung auf die Nachahmungsneigung der<br />

Kinder oder ihre Einstellung zur <strong>Gewalt</strong> wurde nicht untersucht.<br />

Drei weitere Studien stammen von Nathanson <strong>und</strong> Koautorinnen <strong>und</strong> befassen sich<br />

mit spezielleren Aspekten der inhaltlichen Gestaltung aktiver Interventionsstrategien.<br />

So fanden Nathanson <strong>und</strong> Cantor (2000) heraus, dass es offenbar erfolgversprechend<br />

ist, Kindern die Perspektive des Opfers einer <strong>Gewalt</strong>tat nahe zu bringen. Nathanson <strong>und</strong><br />

Cantor ließen Kinder (2. bis 6. Klasse) eine fünfminütige Episode des Zeichentrickfilms<br />

„Woody Woodpecker“ sehen, in der sich der Protagonist gewalttätig gegenüber einer<br />

Person verhält. Ein Teil der Kinder wurde zuvor aufgefordert, während des Films an<br />

die Gefühle des Opfers zu denken, eine zweite Gruppe erhielt diese Aufforderung<br />

nicht. Nach der Filmvorführung wurden die Aggressionsneigung der Probanden (ge­<br />

messen über die Zustimmung zu sechs Aussagen, die aggressive Einstellungen betra­<br />

fen, sowie über Angaben, wie sich die Probanden in hypothetischen Situationen ver­<br />

mutlich verhalten würden), die wahrgenommene Rechtfertigung der Fernsehgewalt,<br />

die Bewertung des Täters <strong>und</strong> des Opfers (Sympathie, Gemeinheit) sowie der Grad des<br />

wahrgenommenen Humors des Cartoons erhoben. Bei einer Kontrollgruppe wurden<br />

die Aggressionsneigungen gemessen, ohne dass die Versuchspersonen einen Film<br />

gesehen hatten.<br />

Es stellte sich heraus, dass die Kinder, die aufgefordert worden waren, sich in das Opfer<br />

hineinzuversetzen, den gewalttätigen Protagonisten weniger positiv, sein Verhalten<br />

als weniger gerechtfertigt <strong>und</strong> den gesamten Cartoon als weniger lustig beurteilten als<br />

Kinder, die diese Aufforderung nicht erhalten hatten. Auch bewerteten (v. a. jüngere)<br />

Kinder das Opfer der gewalttätigen Aktionen positiver, wenn sie veranlasst worden<br />

waren, dessen Perspektive einzunehmen. Im Hinblick auf den Aggressionslevel nach<br />

dem Filmkonsum ergaben sich deutliche Geschlechtsunterschiede: Für Jungen galt,<br />

dass Kinder, die nicht aufgefordert worden waren, an das Opfer zu denken, signifikant<br />

aggressiver waren als diejenigen, die keinen Film gesehen hatten. Jungen dagegen, die<br />

die Perspektive des Opfers eingenommen hatte, waren nicht aggressiver als diejenigen<br />

in der Kontrollgruppe. Bei Mädchen unterschied sich das Aggressionsniveau in allen<br />

drei Gruppen kaum.<br />

Die Verfasserinnen (Nathanson/Cantor 2000, S. 137) schlossen aus ihren Ergebnissen,<br />

dass durch die Aufforderung, sich in die Perspektive des Opfers hineinzuversetzen, die<br />

kindliche Interpretation gewalttätiger Darstellungen <strong>und</strong> die Reaktionen auf <strong>Gewalt</strong><br />

positiv, d. h. in Richtung einer Ablehnung von Aggression, beeinflusst werden können.<br />

Dies sei besonders wichtig, da Kinder – wie das Experiment zeigte – ohne Instruktionen<br />

v. a. die Perspektive des gewalttätigen Protagonisten einnehmen, dessen attraktive<br />

<strong>und</strong> humorvolle Darstellung eine Identifikation der Kinder <strong>und</strong> damit einen Lerneffekt ➔<br />

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