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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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sich, dass es bei Jugendlichen, die mediale <strong>Gewalt</strong>darstellungen ohne Einschränkung<br />
konsumieren konnten, „bereits im Elternhaus bzw. in der Erziehungsumgebung zu<br />
einer starken Prägung der <strong>Gewalt</strong>entwicklung“ kommen kann (Böttger 1998, S. 151).<br />
„Problemjugendliche“ standen ebenfalls im Mittelpunkt der qualitativen Untersu<br />
chung von Thomas Döbler, Birgit Stark <strong>und</strong> Michael Schenk (1999). Es wurden 32 Inter<br />
views mit Jugendlichen durchgeführt, die z. B. in Heimen wohnten oder sich an so<br />
genannten „Brennpunkten“ (öffentliche Plätze <strong>und</strong> Parks) aufhielten. Die Hälfte der<br />
Befragten waren Ausländer. Ihr Ergebnis resümieren die Forscher folgendermaßen<br />
(1999, S. 57f.): „Eine Verknüpfung zwischen (gewalthaltigem) <strong>Medien</strong>konsum <strong>und</strong><br />
persönlichem realen <strong>Gewalt</strong>verhalten lässt sich [...] nicht ziehen. Gerade die in dieser<br />
Studie stärker gewalthaltig eingestellten <strong>und</strong> auch handelnden Jugendlichen weisen<br />
nämlich einen eher geringen <strong>Medien</strong>konsum, meist bedingt durch persönliche<br />
Lebensumstände – nicht mehr daheim wohnend – auf; die bezogen auf Schule <strong>und</strong><br />
Integration in die elterliche Familie eher in geordneten Konstellationen lebenden<br />
Jugendlichen geben dagegen einen deutlich höheren <strong>und</strong> regelmäßigeren <strong>Medien</strong><br />
konsum, auch mit gewalttätigen Inhalten, an. Hinsichtlich der persönlichen Bereit<br />
schaft, <strong>Gewalt</strong> auch real einzusetzen, zeigen sie sich jedoch merklich zurückhaltender<br />
bis ablehnender.“<br />
Döbler, Stark <strong>und</strong> Schenk (1999) haben ferner eine quantitative Studie mit 200 männli<br />
chen Jugendlichen im Alter zwischen 14 <strong>und</strong> 18 Jahren im Großraum Stuttgart durchge<br />
führt, wobei eine Risikogruppe (85 Jugendliche mit hoher <strong>Gewalt</strong>neigung, die zugaben,<br />
schon einmal eine Straftat begangen zu haben oder schon einmal wegen einer Straftat<br />
verurteilt worden waren) <strong>und</strong> eine Vergleichsgruppe (geringe <strong>Gewalt</strong>neigung) unter<br />
schieden wurden. Fernsehen <strong>und</strong> Video nahmen einen zentralen Stellenwert im Leben<br />
der Jugendlichen ein, wobei sich Action-, Ghetto-/Rapfilme <strong>und</strong> Psychothriller der<br />
größten Beliebtheit erfreuten. Horrorfilmkonsum wurde mit dem gemeinsamen Erle<br />
ben mit Fre<strong>und</strong>en begründet. Die Jugendlichen der Risikogruppe besaßen ein vergleichs<br />
weise niedriges Bildungsniveau <strong>und</strong> waren häufiger arbeitslos. Auch wiesen sie einen<br />
höheren Fernsehkonsum mit einer Präferenz für <strong>Gewalt</strong>filme auf, der mit dem Motiv<br />
der Wirklichkeitsflucht begründet wurde. Die Autoren (1999, S. 142f.) schlussfolgerten,<br />
dass die Rezeption von <strong>Medien</strong>gewalt besonders durch das soziale Umfeld (v. a. Kon<br />
sum von Alkohol <strong>und</strong> anderen Drogen) begünstigt werde. Insbesondere Hauptschüle<br />
rinnen <strong>und</strong> -schüler lebten den Bef<strong>und</strong>en dieser Studie zufolge in einer Umgebung, in<br />
der reale <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong>gewalt Unterstützung fanden. Die Ergebnisse deuten<br />
darauf hin, dass die jeweiligen sozialen Netzwerke für abweichendes Verhalten sowie<br />
die Einstellung zu realer <strong>und</strong> zu medialer <strong>Gewalt</strong> von entscheidender Bedeutung sind.<br />
Insgesamt unterstreichen Studien, die zur Erklärung violenten Verhaltens neben dem<br />
<strong>Medien</strong>konsum auch andere Einflussfaktoren wie Persönlichkeitseigenschaften <strong>und</strong><br />
v. a. das soziale Umfeld sowie die dadurch vermittelten Erfahrungen in die Untersuch<br />
ung einbeziehen, dass <strong>Gewalt</strong>tätigkeit nicht auf eine einzige Ursache, sondern viel<br />
mehr auf ein ganzes Ursachenbündel zurückzuführen ist. Jürgen Raithel (2003a;<br />
2003b; Raithel/Mansel 2003) konstatierte in seinen Untersuchungen z. B. Zusammen-<br />
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