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Übersicht Zusammenfassung<br />
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Was die Fragestellungen der <strong>Medien</strong>-<strong>und</strong>-<strong>Gewalt</strong>-Forschung betrifft, so untersucht ein<br />
großer Teil der vorliegenden Studien noch immer mit nur geringfügigen Modifikatio<br />
nen mit denselben Methoden dieselben Themenaspekte. Der Erkenntnisfortschritt<br />
dieser Studien ist gering. Dies gilt auch für solche Untersuchungen, die immer speziel<br />
lere Fragestellungen entwickeln <strong>und</strong> mit hochkomplexen, kaum noch nachvollziehba<br />
ren Forschungsdesigns analysieren, deren Bef<strong>und</strong>e letztlich aber kaum noch interpre<br />
tierbar sind. Hier trifft zu, was C. Wright Mills (1963, S. 96) über den abstrakten Empiris<br />
mus schrieb: „Die Dürftigkeit der Ergebnisse wird leider nur durch die Komplizierheit<br />
der Methoden <strong>und</strong> die angewandte Sorgfalt kompensiert“ (wobei in Bezug auf manche<br />
Untersuchungen allerdings selbst die methodische Sorgfalt in Frage gestellt werden<br />
muss). Das Kernproblem der <strong>Medien</strong>-<strong>und</strong>-<strong>Gewalt</strong>-Forschung besteht darin, dass die<br />
Untersuchungen zu wenig aufeinander aufbauen. In neuen Forschungsarbeiten fin<br />
den die Resultate älterer Studien sowie durch diese aufgeworfene Fragestellungen zu<br />
wenig Berücksichtigung. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist es schwierig <strong>und</strong> z. T. unmöglich, die<br />
heterogene Forschungslage zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Sofern doch<br />
eine Rezeption früherer Untersuchungen erfolgt, so ist diese häufig unkritisch. Es<br />
existieren regelrechte „Zitationszirkel“, in denen methodisch fragwürdige Studien<br />
immer wieder als Belege für „Erkenntnisse“ angeführt werden, die sie nicht erbracht<br />
haben. Auch die stetige Propagierung derartiger Legenden ist einem Erkenntnisfort<br />
schritt hinderlich. 353<br />
Eine Fragestellung, zu der im Untersuchungszeitraum durchaus ergiebige Studien<br />
durchgeführt wurden, ist die Wirkung medienpädagogischer Interventionsstrategien,<br />
bei denen zwischen elterlichen Maßnahmen, Schulprogrammen <strong>und</strong> medienvermit<br />
telten Anti-<strong>Gewalt</strong>-Botschaften unterschieden werden kann. Auch hier sind noch viele<br />
Fragen offen, insbesondere die nach den konkreten Elementen, die für z. T. erzielte<br />
Erfolge medienpädagogischer Lektionen in Schulen verantwortlich sind. Aus einigen<br />
der erhaltenen Bef<strong>und</strong>e lassen sich aber durchaus praxistaugliche Ratschläge ableiten.<br />
Allerdings liegen bislang fast ausschließlich US-amerikanische Untersuchungen vor.<br />
Deren Übertragbarkeit auf andere Länder bedarf der Überprüfung.<br />
Eine Betrachtung der Theorieansätze zur Wirkung von <strong>Medien</strong>gewalt zeigt, dass<br />
auf diesem Gebiet keine wesentliche Weiterentwicklung stattgef<strong>und</strong>en hat. In diver<br />
sen Veröffentlichungen anzutreffende phantasievolle Wortneuschöpfungen stehen in<br />
keinem Verhältnis zur tatsächlichen Erklärungskraft (vgl. dazu z. B. Kapitel 2.2). Dahin<br />
ter verbergen sich vielmehr zumeist altbekannte oder höchst spekulative Wirkungsan<br />
nahmen, die nicht selten lediglich durch eine höchst komplizierte Sprache verbrämt<br />
sind. Auch einzelne Versuche zur Integration älterer Wirkungstheorien, wie sie etwa<br />
im Rahmen des „General Aggression Model“ vorgenommen werden, reichen letztlich<br />
über bereits Bekanntes nicht hinaus. Dennoch erfreuen sie sich großer Beliebtheit <strong>und</strong><br />
werden zur Interpretation bzw. Einordnung empirischer Bef<strong>und</strong>e herangezogen. Dass<br />
353 Vgl. hierzu z.B. die Studie von Centerwall 1992 (vgl. Kapitel 3.5.2). ➔<br />
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