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Übersicht Zusammenfassung<br />
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Die meisten Studien untersuchen darüber hinaus nur kurzfristige Effekte, obwohl der<br />
Fragestellung (methodisch allerdings erheblich aufwendigere) Langfriststudien ange<br />
messener wären, da sie kumulative <strong>Medien</strong>wirkungen untersuchen <strong>und</strong> Aussagen<br />
über die Richtung von Kausalzusammenhängen treffen können (beeinflusst <strong>Medien</strong><br />
gewalt die Aggressivität, wählen aggressive Individuen violente <strong>Medien</strong>inhalte aus,<br />
oder ist von einer Wechselwirkung auszugehen?). Vorliegende Langzeituntersuchun<br />
gen weisen oft ein Defizit in der Berücksichtigung von Drittvariablen auf.<br />
Meta-Analysen werden ebenfalls selten durchgeführt. Abgesehen von dem methodi<br />
schen Aufwand, sind die Möglichkeiten dieser Methode auch dadurch beschränkt, dass<br />
zu spezielleren Fragestellungen zumeist wenige vergleichbare Studien existieren. Die<br />
vorliegenden Meta-Analysen weisen größtenteils das Problem auf, dass sie auch<br />
methodisch fragwürdige Untersuchungen einbeziehen bzw. ihre Auswahl- <strong>und</strong> Beur<br />
teilungskriterien nicht genügend dokumentiert werden, um die Aussagekraft der<br />
Bef<strong>und</strong>e angemessen bewerten zu können. Als „W<strong>und</strong>ermittel“ zur Einschätzung des<br />
Forschungsstandes dürfen sie nicht betrachtet werden.<br />
Was Inhaltsanalysen betrifft, so ist hier insofern ein gewisser Fortschritt festzustellen,<br />
als sich über die reine Zählung von <strong>Gewalt</strong>akten hinaus die Berücksichtigung von<br />
Kontextfaktoren durchgesetzt hat. Auf diese Weise wird nicht mehr nur die Quantität<br />
von <strong>Gewalt</strong>akten gezählt, sondern zumindest die Menge einer bestimmten Art von<br />
<strong>Gewalt</strong>darstellungen erhoben. Wirkungsaussagen können auf Basis dieser Methode<br />
dennoch nicht getroffen werden. Interessant <strong>und</strong> methodisch innovativ ist in diesem<br />
Kontext allerdings die Untersuchung von Werner Früh, der Inhaltsanalysedaten mit<br />
einer Rezeptionsuntersuchung kombiniert <strong>und</strong> den daraus resultierenden „Rezepti<br />
onswert“ mit Einschaltquoten gewichtet hat, so dass er f<strong>und</strong>iertere, zielgruppenspezi<br />
fischere Aussagen über die Gefährlichkeit verschiedener gewalthaltiger Programme<br />
treffen kann. Solche Studien besitzen allerdings Seltenheitswert.<br />
Bei aller methodischen Kritik ist zu berücksichtigen, dass viele theoretisch wünschens<br />
werte Versuchsanlagen aufgr<strong>und</strong> forschungspraktischer Gründe nicht möglich sind<br />
<strong>und</strong> der Wunsch nach der „perfekten“ Methode daher an die Grenzen der Realisierbar<br />
keit stößt: Dolf Zillmann <strong>und</strong> James B. Weaver (1999, S. 147) haben diese Problematik<br />
pointiert so beschrieben: „It seems that critics of media-violence research could only be<br />
satisfied with longitudinal experimental studies in which, within gender and a multi<br />
tude of personality variables, random assignment is honoured and exposure to violent<br />
fare is rigorously controlled – that is, with research that in a free society simply cannot<br />
be conducted.“ Diese Problematik gilt für die meisten Fragestellungen der <strong>Medien</strong>wir<br />
kungsforschung, in Bezug auf die Untersuchung von <strong>Gewalt</strong> kommt ein ethisches<br />
Problem bei der Provokation <strong>und</strong> Messung von <strong>Gewalt</strong>verhalten hinzu.<br />
Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass nicht selten der Untersuchungsfrage<br />
nicht angemessene Methoden zum Einsatz kommen <strong>und</strong> für die Analyse neuer Frage<br />
stellungen notwendige methodische Adaptionen <strong>und</strong> Neuentwicklungen zu wenig<br />
stattfinden. Auffälligstes Beispiel hierfür ist die Computerspielforschung, bei der oft<br />
ungeeignetes Stimulusmaterial zum Einsatz kommt (Spiele, die sich über den <strong>Gewalt</strong>-<br />
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