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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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<strong>und</strong> normative Überzeugungen) sowie Erregung <strong>und</strong> Stimmungslage eine Rolle. So<br />
kann eine wütende Stimmung das Auffinden mit Ärger verb<strong>und</strong>ener Skripts erleich<br />
tern, selbst wenn die Situation keine entsprechenden Schlüsselreize aufweist. Auch<br />
kann jemand, der an das Motto „Auge um Auge ...“ glaubt <strong>und</strong> sich selbst als „Rächer“<br />
wahrnimmt, eher auf Skripts stoßen, die aggressive Vergeltung nahelegen.<br />
3. Bewertung der Skripts<br />
Bevor ein im Gedächtnis aufgef<strong>und</strong>enes Skript ausgeführt wird, erfolgt eine Bewer<br />
tung, zu der internalisierte aktivierte Schemata <strong>und</strong> normative Überzeugungen heran<br />
gezogen werden, um festzustellen, ob ein solches Verhalten angemessen ist <strong>und</strong> die<br />
erwünschten Ergebnisse erwarten lässt. Diese Bewertung kann von Person zu Person<br />
bzw. bei ein <strong>und</strong> derselben Person zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich<br />
ausfallen, z. B. kann Zeitdruck zu einer weniger sorgfältigen Abwägung führen. Perso<br />
nen, die gerade von einem Kirchbesuch kommen, haben vermutlich andere normative<br />
Überzeugungen aktiviert als solche, die z. B. gerade eine gewalttätige Auseinanderset<br />
zung im Rahmen einer Sportübertragung im Fernsehen gesehen haben. Generell<br />
werden aggressivere Personen eher aggressionsunterstützende normative Überzeu<br />
gungen besitzen <strong>und</strong> daher mehr aggressive Skripts zur Anwendung bringen. Als für<br />
wie angemessen die Ausführung eines Skripts beurteilt wird, hängt auch damit zusam<br />
men, wie sehr eine Person die weiter in der Zukunft liegenden Folgen ihres Handelns<br />
berücksichtigt <strong>und</strong> welchen Stellenwert sie den jeweiligen Konsequenzen einräumt<br />
(z. B. kann für den einen die Missbilligung aggressiven Verhaltens durch das soziale<br />
Umfeld wichtiger sein, für den anderen die „effektive“ Lösung eines aktuellen Kon<br />
flikts). Ob eine Person aufgr<strong>und</strong> ihrer Skripts in der Lage ist, solche Konsequenzen<br />
korrekt zu antizipieren, <strong>und</strong> für wie realisierbar sie bestimmte Verhaltensweisen hält<br />
(wer glaubt, <strong>Gewalt</strong>akte nicht effektiv ausführen zu können, wird dies z. B. vermeiden),<br />
beeinflusst ebenfalls die Einschätzung der Angemessenheit eines Skripts.<br />
4. Interpretation der Umweltreaktionen<br />
Ob sich ein Verhalten verfestigt, hängt wesentlich von den gesellschaftlichen Reaktio<br />
nen auf dieses Verhalten ab. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang allerdings<br />
weniger die gesellschaftliche Reaktion als solche als vielmehr die Interpretation dieser<br />
Reaktion <strong>und</strong> deren Auswirkung auf Schemata <strong>und</strong> Stimmung. So kann eine Person,<br />
deren aggressives Verhalten negativ sanktioniert wird, diese Sanktionen nicht als<br />
Strafe für das eigene Verhalten begreifen, sondern als Hinweis auf eine generelle<br />
Ablehnung der eigenen Person interpretieren. Sie kann die Wirkung negativer Sank<br />
tionen auch dadurch abschwächen, dass sie sie mit ihren normativen Überzeugungen<br />
in Einklang bringt (z. B. nach dem Motto: „Auge um Auge ...“ oder „Fre<strong>und</strong>lichkeit führt<br />
zu nichts“). Auch die Wahl einer sozialen Umwelt, in der <strong>Gewalt</strong>verhalten stärker<br />
gebilligt wird, ist möglich.<br />
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