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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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Zusammenfassung:<br />
Die Kultivierungsforschung ist, wie Helena Bilandzic (1999, S. 67) schreibt, dabei,<br />
„das Stadium der Replikation statistischer Zusammenhänge zu überwinden <strong>und</strong><br />
eine Überprüfung des kausalen Einflusses zu leisten.“ Allerdings werden auch noch<br />
simple Korrelationsstudien durchgeführt, die zudem oft nicht bzw. zu wenig auf<br />
bereits erzielten Bef<strong>und</strong>en aufbauen. Es besteht jedoch zumindest ein Trend dahin,<br />
moderierende Variablen, wie das genutzte Fernsehgenre (v. a. Krimis, gewalthaltige<br />
Lokalnachrichten), eigene Kriminalitätserfahrung <strong>und</strong> Informationsverarbeitungs<br />
prozesse stärker zu berücksichtigen. Die entsprechende Forschung hat durchaus<br />
bereits einen Beitrag zum besseren Verständnis von Kultivierungsprozessen geleistet,<br />
ohne dass diese jedoch vollständig aufgeklärt <strong>und</strong> die bestehenden Kausalitätspro<br />
bleme gelöst worden wären. Die Kultivierung von Emotionen ist als neues<br />
Forschungsfeld hinzugekommen, die dazu vorliegenden Aussagen reichen derzeit<br />
aber über Vermutungen noch nicht hinaus.<br />
3.3.4 Nachahmung<br />
3.3.4.1 Vorbemerkungen<br />
Wie bereits in Kapitel 2.2 angemerkt, kann die simple Annahme einer generellen,<br />
direkten Suggestion von Nachahmungstaten durch die <strong>Medien</strong>berichterstattung<br />
inzwischen als widerlegt betrachtet werden. 108 Dies bedeutet allerdings nicht, dass es<br />
nicht unter bestimmten Bedingungen zu Imitationseffekten kommen könnte. 109 Die<br />
hierzu in jüngerer Zeit erschienenen Untersuchungen beziehen sich teils auf reale,<br />
teils auf fiktive <strong>Medien</strong>inhalte. Insgesamt lassen sich drei Gruppen von Studien unter<br />
scheiden: Untersuchungen zu Morden, Massenmorden <strong>und</strong> Amokläufen, Untersu<br />
chungen zu fremdenfeindlichen Straftaten sowie Untersuchungen zur Imitation von<br />
Selbstmorden.<br />
3.3.4.2 Morde, Massenmorde <strong>und</strong> Amokläufe<br />
Einen Zusammenhang zwischen <strong>Medien</strong>berichterstattung <strong>und</strong> Massenmorden haben<br />
Christopher H. Cantor u. a. (1999) nachzuweisen versucht. Die Autoren berücksichtig<br />
108 Dies hindert manche Forscher allerdings nicht daran, simple Ursache-Wirkungs-Urteile zu fällen. So führt<br />
z. B. Rudolf H. Weiß eine Reihe von Fällen auf, in denen die <strong>Medien</strong> angeblich zu „Nachahmungstaten“<br />
geführt hätten, <strong>und</strong> wischt wissenschaftliche Bef<strong>und</strong>e mit folgender Aussage beiseite (Weiß 2000, S. 98):<br />
„Die Zahl solcher Einzelfälle ist in den letzten Jahren stark angestiegen <strong>und</strong> inzwischen so groß, dass man<br />
nicht mehr von einem zufälligen Ereignis sprechen kann. Insofern können sie sehr wohl in der Beweiskette<br />
über Wirkungseffekte von <strong>Gewalt</strong>medien auf <strong>Gewalt</strong>handeln als wichtiges Bindeglied angesehen werden.<br />
Anders als Grimm (1999), der individuelle Fälle als bedeutungslos in dieser Hinsicht betrachtet, bin<br />
ich der Überzeugung, dass wir es hierbei mit der Spitze eines Eisberges zu tun haben, die ja nicht einfach<br />
auf dem Wasser schwimmt. [...] Und, je größer der Eisberg unter der Wasseroberfläche ist, umso größer ist<br />
auch seine Spitze.“<br />
109 Als dahinterstehender Mechanismus werden zumeist keine einfachen Stimulus-Response-Reaktionen<br />
mehr angenommen. Zu differenzierten Erklärungsmodellen, wie der Lerntheorie oder dem Ansatz der<br />
„Cultural Studies“, vgl. den Überblick von Blood/Pirkis 2001. ➔<br />
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