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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Computerspielen<br />
➔<br />
einem früher erhobenen Basiswert eine niedrigere Herzfrequenz beim Betrachten der<br />
Bilder. Bei den Kindern, die das violente Spiel gespielt hatten, war dieser Effekt nicht<br />
anzutreffen. Steckel wertet diesen Bef<strong>und</strong> – im Gegensatz zu der Interpretation von<br />
Carnagey, Bushman <strong>und</strong> Anderson – als „Hinweis darauf [...], dass durch die belasten<br />
den Bilder bei den Joshi-Kindern [die das nicht violente Sortierspiel „Joshi´s Cookie“<br />
gespielt hatten] als Zeichen einer emotionalen Betroffenheit eine Herzratendezelerati<br />
on auftrat.“<br />
Eine andere Gruppe von Studien hat sich mit Habitualisierungseffekten in Gestalt ver<br />
ringerter Empathiereaktionen befasst. Auch hier unterscheidet sich schon die theoreti<br />
sche Herangehensweise der verschiedenen Forscher. So herrscht zwar weit gehende<br />
Übereinstimmung darüber, dass violente Computerspiele von ihrer Gestaltung her<br />
keine Empathiereaktionen (z. B. Mitleid mit dem Opfer) nahe legen. Die Schlussfolge<br />
rungen aus dieser Beobachtung sind allerdings unterschiedlich. Manuel Ladas z. B. ist<br />
der Ansicht, dass dort, wo keine Empathiereaktionen stattfinden würden, auch keine<br />
Habitualisierung eintreten könne. Ladas (2002, S. 192f.) formuliert: „Wenn jedoch<br />
keine empathetische Aufwühlung – oder gar Schockierung – durch die virtuelle <strong>Gewalt</strong><br />
erfolgt, ist auch keine langfristige Gewöhnung bzw. Abstumpfung gegenüber den<br />
verschiedenen <strong>Gewalt</strong>-Arten anzunehmen – noch nicht einmal gegenüber <strong>Gewalt</strong> in<br />
anderen Computerspielen, da die eben nur äußerst selten als <strong>Gewalt</strong> im negativen,<br />
schädigenden Sinne wahrgenommen wird.“ Diese Annahme sieht er dadurch belegt,<br />
dass die von ihm befragten Computerspieler (Online-Befragung von 2.141 Computer<br />
spielern aus dem deutschen Sprachraum) von einer rein funktionalistischen, kaum<br />
emotionalisierten Wahrnehmung der <strong>Gewalt</strong> im Computerspiel berichteten. 267 Empa<br />
thiereaktionen hingen, wenn sie vorkamen, nicht, wie oft angenommen, mit techni<br />
schen Spielmerkmalen, wie z. B. einer Ich-Perspektive, zusammen, sondern eher mit<br />
der Existenz einer ausgeprägten Spielgeschichte, die in Computerspielen allerdings<br />
nur äußerst selten anzutreffen ist. Nur eine Minderheit berichtete für sich selbst von<br />
einer Habitualisierungsreaktion (vgl. Ladas 2002, S. 247f.). Ladas (2002, S. 248) folgert:<br />
„Da Empathie in Computerspielen von vielen Spielern gr<strong>und</strong>sätzlich als eher unange<br />
messen angesehen wird, die virtuelle <strong>Gewalt</strong> nur selten Mitleid [...] auslöst <strong>und</strong> kaum<br />
als <strong>Gewalt</strong> im schädigenden Sinne wahrgenommen wird [...], gibt es in der Wahrneh<br />
mung der Spieler in Computerspielen offenbar fast keine ‘schockierenden’ Elemente,<br />
gegenüber denen überhaupt eine ‘Abstumpfung’ möglich wäre.“ Bei diesen Bef<strong>und</strong>en<br />
muss allerdings berücksichtigt werden, dass es sich bei den Befragten nicht um Kinder,<br />
sondern um ältere Personen (Durchschnittsalter 21 Jahre) handelte, <strong>und</strong> v. a. dass die<br />
Ergebnisse auf Selbstangaben beruhen. Dies vorausgesetzt sind 14 %, die von Habituali<br />
sierungsreaktionen durch Computerspiele in bezug auf andere Computerspiele<br />
berichten, 20,5 % die solche Effekte in Bezug auf Spielfilme <strong>und</strong> 9,7 % die sie in Bezug auf<br />
Habitualisierungseffekte in der Realität feststellen, nicht als gering, sondern als eher<br />
besorgniserregend einzustufen.<br />
267 Spiele wurden generell weniger emotional wahrgenommen, d. h. wirkten weniger bedrohlich <strong>und</strong> ängstigend<br />
als Spielfilme, weil die Spielenden Inhalte vorhersehen <strong>und</strong> den Ablauf selbst steuern können. ➔<br />
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