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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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tere Studie mit 125 Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern des 8. <strong>und</strong> 9. Schuljahres. Alle Schülerin<br />
nen <strong>und</strong> Schülern sahen einen Beitrag, in dem es um vorsätzliche <strong>Gewalt</strong> gegen Men<br />
schen ging. In einer Versuchsgruppe wurde dieser Beitrag nach anderen, ähnlichen,<br />
ebenfalls vorsätzliche <strong>Gewalt</strong> thematisierenden Beiträgen gezeigt, in der anderen<br />
Versuchsgruppe folgte er auf nicht gewalthaltige Beiträge. Es zeigte sich, dass der<br />
zweite Beitrag im gewalthaltigen Kontext mehr Trauer, Wut, Ekel, Verachtung <strong>und</strong><br />
Angst auslöste als im nicht gewalthaltigen Kontext. Die Verfasser folgern daraus<br />
(Unz/Schwab/Winterhoff-Spurk 2002, S. 113; vgl. auch Winterhoff-Spurk o.J.; Winter<br />
hoff-Spurk/Unz/Schwab 2001, S. 31f.): „Die Versuchspersonen zeigen zumindest im<br />
Rahmen dieser Untersuchungen nicht nur keine Gewöhnung an <strong>Gewalt</strong>, sie erleben im<br />
Gegenteil sogar einen Emotionstransfer aus einem gewalthaltigen Umfeld auf ein für<br />
sich zunächst als unspezifisch erlebtes Thema. Dies führt wieder zur Kultivierungshy<br />
pothese: Würde sich dieser Effekt auch in anderen Studien nachweisen lassen, dann<br />
könnte man vermuten, dass <strong>Gewalt</strong> in TV-Nachrichten auch andere Bereiche bedrohli<br />
cher macht.“<br />
Die Forscher betrachten ihre bisherigen Studien noch als „Vorarbeiten“ zu ihrer eigent<br />
lichen Fragestellung (vgl. Winterhoff-Spurk/Unz/Schwab 2001, S. 32). Da sie die ge<br />
schilderte Studie unter der Überschrift „Untersuchungen zur Kultivierungshypothese“<br />
behandeln, erscheint hier dennoch eine kritische Bemerkung angebracht: Als „Wie<br />
derholung gewalthaltiger Szenen“ im Sinne der Kultivierungsthese kann die gewählte<br />
Anlage der Studie trotz gegenteiliger Behauptung der Autoren nicht gewertet werden.<br />
Gemessen werden konnten hier allenfalls kurzfristige Kontexteffekte, sicherlich aber<br />
nicht langfristige Wirkungen des Fernsehens auf Vielseher, wie sie die Kultivierungs<br />
forschung postuliert.<br />
Andere Bef<strong>und</strong>e des Forschungsteams sprechen – obwohl von den Autoren nicht unter<br />
diesem Gesichtspunkt interpretiert – eher gegen Kultivierungseffekte im emotionalen<br />
Bereich: Unz <strong>und</strong> Schwab (2003) klassifizierten Nachrichtennutzer in fünf Gruppen:<br />
„Informationsseher“, „Unterhaltungsseher“, „Nachrichten-Fans“, „unspezifische Nach<br />
richtenrezipienten“ <strong>und</strong> „Nachrichtenvermeider“. Die bereits erwähnte Studie mit<br />
135 Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern der 8. <strong>und</strong> 9. Klasse, bei der den Versuchspersonen ein<br />
Band mit zehn Nachrichtenbeiträgen gezeigt wurde, ergab, dass „Nachrichtenvermei-<br />
der“ weniger Wut, Ekel <strong>und</strong> Angst empfanden als „Informationsseher“. Auch fühlten<br />
sie weniger Wut als „Nachrichtenfans“ <strong>und</strong> weniger Angst als „Unterhaltungsseher“.<br />
Vor allem bei Beiträgen mit intentionaler <strong>Gewalt</strong> empfanden sie weniger Trauer, Ekel,<br />
Wut <strong>und</strong> Angst als die anderen Gruppen <strong>und</strong> v. a. als die „Nachrichtenfans“. Die Verfas<br />
ser folgern aus den Bef<strong>und</strong>en, dass Nutzungsmotive <strong>und</strong> Nutzungsverhalten emotio<br />
nale Prozesse bei der Nachrichtenrezeption beeinflussen. Aus der Kultivierungsper<br />
spektive allerdings hätte man einen Abstumpfungseffekt v. a. bei den „Nachrichten-<br />
Fans“ <strong>und</strong> nicht bei den „Nachrichtenvermeidern“ vermutet.<br />
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