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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />

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einer Nachahmung ebenso entgegen wie das mangelnde Identifikationspotenzial der<br />

Computerspielfiguren (vgl. Ladas 2002, S. 150–152). Auch weise <strong>Gewalt</strong> in Computer­<br />

spielen einen völlig anderen Sinnzusammenhang auf als <strong>Gewalt</strong> in der Realität. Ladas<br />

(2002, S. 132) folgert: „Die Kontexte einer wettbewerbsartigen, nicht schädigenden<br />

<strong>Gewalt</strong> im Computerspiel <strong>und</strong> einer zweckgeb<strong>und</strong>enen, schädigenden ‘realen’ <strong>Gewalt</strong><br />

weisen nicht genug strukturelle Ähnlichkeiten auf, als dass Schemata unverändert von<br />

der virtuellen auf die ‘reale’ Situation transferiert werden könnten. [...] Die strukturel­<br />

len Sinn-Unterschiede zwischen virtueller <strong>und</strong> ‘realer’ <strong>Gewalt</strong> sind wahrscheinlich<br />

sogar so groß, dass entsprechende Handlungsschemata nicht nur stark angepasst,<br />

sondern meist vollständig verworfen werden müssen.“<br />

Seine Überlegungen sieht Ladas durch eine von ihm durchgeführte Online-Befragung<br />

von Computerspielern bestätigt. Aus den Selbstangaben der Befragten folgert Ladas,<br />

dass Computerspielgewalt tatsächlich rein funktionalistisch <strong>und</strong> ohne moralischen<br />

Zusammenhang mit realer <strong>Gewalt</strong> wahrgenommen werde. <strong>Gewalt</strong> im Computerspiel<br />

werde von den meisten Spielern, insbesondere von Vielspielern, sehr deutlich gegen­<br />

über realer <strong>Gewalt</strong> „gerahmt“ (vgl. Ladas 2002, S. 165). Ladas (2002, S. 325) kommt zu<br />

dem Schluss: „In jedem Fall – auch bei (Kriegs-)Strategiespielen [die mehr strukturelle<br />

Ähnlichkeiten zur realen <strong>Gewalt</strong> aufwiesen <strong>und</strong> von ihren Fans weniger stark „ge­<br />

rahmt“ wurden] 271 – sind die Sinnunterschiede zwischen virtueller <strong>und</strong> ‘realer’ Welt<br />

jedoch als groß genug anzusehen, dass keine komplexeren Transfers ganzer Hand­<br />

lungsabläufe oder Lebenseinstellungen aus Computerspielen in die Realität zu be­<br />

fürchten sind [...].“ Kurzfristige affektive Wirkungen waren zwar festzustellen, Ladas<br />

(2002, S. 325) betont jedoch, dass „nur ein sehr kleiner Teil der Befragten bei sich selbst<br />

längerfristige Wirkungen feststellt, die über ein Nachdenken oder Unterhalten über<br />

die Spiele hinausgehen. Besonders die Übernahme von Spielhandlungen in die ‘Reali­<br />

tät’ wird von den meisten Spielern deutlich verneint [...].“ Wenn doch ein „ungefilterter<br />

Transfer von Handlungs-Skripten auf das reale Verhalten“ stattfinden würde, so sei<br />

dieser wegen der verschiedenen Sinnstrukturen von Computerspiel <strong>und</strong> Realität „eher<br />

eine Folge psychischer Störungen einzelner Individuen als ein direkter Effekt der Spiel­<br />

nutzung.“ (Ladas 2003, S. 32).<br />

Ähnliche Bef<strong>und</strong>e berichten Durkin <strong>und</strong> Aisbett (1999) aus Australien. Interviews mit<br />

Fokus-Gruppen (vgl. Kapitel 4.4.3), die auch Jugendliche aus Risikogruppen einschlos­<br />

sen, 272 ergaben, dass aggressive Inhalte für Kinder unter 8 Jahren keine Rolle spielten<br />

<strong>und</strong> von Rezipienten über 8 Jahren zwar als spannender Bestandteil der Spielhand­<br />

lung, jedoch als fiktiv <strong>und</strong> nicht ernstzunehmend, oft übertrieben dargestellt <strong>und</strong> da­<br />

her als lustig wahrgenommen wurden. Aggressionshandlungen wurden nicht als<br />

Schädigung eines Opfers, sondern rein funktionalistisch als Instrument zum Erreichen<br />

271 Mit den Gefahren einer Verwischung von Realität <strong>und</strong> virtueller Welt in sehr realistisch gestalteten, die<br />

negativen Folgen für die Opfer aber völlig ausblendenden Militärsimulationen hat sich auch Hartmut Gieselmann<br />

(2002) ausführlich befasst. Gefahren sieht er weniger in einer Übertragung von Spielhandlungen<br />

in die Realität als auf einer kognitiven Ebene, d. h. einer Verharmlosung <strong>und</strong> Rechtfertigung (militärischer)<br />

<strong>Gewalt</strong>anwendung.<br />

272 Befragt wurden auch Computerspieler aus Zentren für obdachlose Jugendliche. ➔<br />

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