Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
➔<br />
Aus solchen Überlegungen folgt, dass Rezipienten mit geringerer Genrekompetenz<br />
solche Darstellungen als gewalttätiger empfinden. Auch ist anzunehmen, dass <strong>Gewalt</strong><br />
darstellungen in Genres, in denen sie auf diese Weise üblicherweise nicht vorkommen,<br />
stärker wahrgenommen werden. Dies war z. B. das Ergebnis einer allerdings nur mit<br />
einer kleinen Probandengruppe durchgeführten qualitativen Untersuchung von<br />
Geisler (1998; vgl. auch Kapitel 3.4.2.6). Geisler stellte fest, dass die Erwartbarkeit von<br />
<strong>Gewalt</strong> einen wichtigen Faktor bei der Einschätzung der <strong>Gewalt</strong>intensität darstellt. So<br />
wurden <strong>Gewalt</strong>darstellungen in Krimiserien erwartet. Nicht in das Genre passende<br />
<strong>Gewalt</strong> wurde eher als gewalttätiger eingestuft als solche, die dem Genre entsprach. In<br />
ähnlicher Weise konstatierte Andrea Millwood Hargrave (2003) in Fokus-Gruppen<br />
Diskussionen 169 (vgl. Kapitel 3.4.3.1), dass bereits Kinder – auch in Bezug auf <strong>Gewalt</strong> –<br />
bestimmte Erwartungen an verschiedene Programmgenres besitzen. Wurden die<br />
Konventionen des Genres gebrochen, so wurden die Darstellungen eher als gewalttä<br />
tig <strong>und</strong> furchteinflößend empf<strong>und</strong>en.<br />
Auch Sandra Caviola (2000) stellte in ihrer Studie mit Kindergartenkindern 170 fest, dass<br />
es für die Kinder wichtig war, dass sich <strong>Gewalt</strong>darstellungen in vertrauten Formaten<br />
bewegten, d. h. die Handlung z. B. einen guten Ausgang nahm. Solange dies der Fall<br />
war, erwiesen sich entsprechende Inhalte als unproblematisch. Zu Irritationen <strong>und</strong><br />
Verunsicherung kam es nur bei nicht vertrauten Gr<strong>und</strong>mustern in der Handlung. Ob<br />
die Wirkung von <strong>Gewalt</strong>darstellungen – über den Effekt der Angstauslösung hinaus –<br />
durch die Genrekompetenz des Zuschauers bzw. die Erwartbarkeit beeinflusst wird, ist<br />
allerdings eine empirisch noch nicht überzeugend geklärte Frage.<br />
3.4.3 Personenvariablen<br />
3.4.3.1 Alter<br />
In der Forschung herrscht weit gehende Übereinstimmung, dass das Alter einen Ein<br />
fluss auf die <strong>Medien</strong>gewaltrezeption besitzt. In diesem Zusammenhang ist es zunächst<br />
interessant, Unterschiede in der Wahrnehmung von <strong>Gewalt</strong> bei Kindern <strong>und</strong> Erwach<br />
senen zu betrachten. Die <strong>Gewalt</strong>wahrnehmung von Erwachsenen ist beispielsweise<br />
von David E. Morrison (1999; 2000) in Großbritannien untersucht worden. Ziel seiner<br />
Studien war es, herauszufinden, wie Erwachsene <strong>Gewalt</strong> definieren <strong>und</strong> was für sie<br />
gewalthaltige Bilder ausmacht. Hierzu führte er eine Reihe von Fokus-Gruppen-Inter<br />
169 Bei der qualitativen Fokus-Gruppen-Methode handelt es sich um die Durchführung von Gruppendiskussionen<br />
zu einem bestimmten Thema. Die Methode ist weniger aufwendig als Einzelinterviews <strong>und</strong> gibt<br />
Aufschluss darüber, „wie Meinungen im sozialen Austausch gebildet <strong>und</strong> vor allem verändert, wie sie<br />
durchgesetzt bzw. unterdrückt werden. Die Erhebung verbaler Daten lässt sich in Gruppendiskussionen<br />
stärker kontextualisieren. Aussagen <strong>und</strong> Meinungsäußerungen werden hier im Gruppenzusammenhang<br />
getätigt, möglicherweise auch kommentiert <strong>und</strong> sind Gegenstand eines mehr oder weniger dynamischen<br />
Diskussionsprozesses.“ (Flick 1996, S. 138).<br />
170 Caviola (2000) untersuchte in einer Kombination aus teilnehmender Beobachtung in einem Kindergarten<br />
<strong>und</strong> qualitativen Interviews mit Kindern (eines davon im Anschluss an das gemeinsame Ansehen einer<br />
Sendung) sowie mit Eltern <strong>und</strong> Erziehern die Rezeption gewalthaltiger Sendungsbestandteile im Kinderprogramm<br />
bei zehn Kindergartenkindern. ➔<br />
146