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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> im Radio<br />

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kleidete <strong>Gewalt</strong> wurde von ihnen allerdings nicht als solche erkannt. 13- bis 15-Jährige<br />

erkannten spaßige <strong>Gewalt</strong>, bewerteten sie aber zumeist nicht negativ. Vielmehr wurde<br />

gerade diese Altersgruppe von den entsprechenden Inhalten besonders angespro­<br />

chen, da sie ihren eigenen Erfahrungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen (Unterdrückung durch<br />

Überlegene, Herabwürdigung durch Beleidigung <strong>und</strong> Witze auf Kosten anderer)<br />

entsprach. Schorb <strong>und</strong> Hartung (2003, S. 159) meinen: „Wenngleich sie durch die Fol­<br />

gen eigener <strong>Gewalt</strong>erfahrungen im Schulalltag <strong>und</strong> in der Freizeit belastet werden,<br />

goutieren sie sie im Radio, da sie zum einen persönlich nicht betroffen sind <strong>und</strong> zum<br />

anderen die <strong>Gewalt</strong> im Hörfunk folgenlos bleibt.“ In der ältesten untersuchten Alters­<br />

gruppe (16 Jahre) konstatierten die Verfasser eine Distanz zu den Programminhalten<br />

<strong>und</strong> eine Betrachtung spaßiger verbaler <strong>Gewalt</strong> als konstitutiven Bestandteil des Radio­<br />

programms. Mädchen reagierten insgesamt sensibler auf Radiogewalt als Jungen, die<br />

den Inhalten weniger distanziert gegenüberstanden. Auch hatten unter den 13- bis<br />

15-jährigen Mädchen bei ihrem <strong>Gewalt</strong>verständnis eher die Folgen <strong>und</strong> die Opfer von<br />

<strong>Gewalt</strong> im Blick, während die Jungen vor allem die Intention von <strong>Gewalt</strong> betrachteten<br />

<strong>und</strong> die Perspektive des <strong>Gewalt</strong>ausübenden einnahmen (vgl. Schorb/Hartung 2003,<br />

S. 132f.).<br />

Schorb <strong>und</strong> Hartung (2003, S. 160) folgern aus ihren Bef<strong>und</strong>en, dass die in den unter­<br />

suchten Programmen „gewählten Formen des menschlichen Umgangs ebenso wie die<br />

verwendete Sprache <strong>und</strong> Sprechweise Heranwachsende desorientieren können.“<br />

Zudem bestehe aufgr<strong>und</strong> der Identifikation mit dem Moderator <strong>und</strong> der positiven<br />

Bewertung als spaßig präsentierter <strong>Gewalt</strong> die Gefahr einer Übernahme in das eigene<br />

Verhalten (vgl. Schorb/Hartung 2003, S. 159).<br />

Einen Beweis dafür, dass diese Spekulation zutrifft, können die Verfasser auf Basis ihrer<br />

Bef<strong>und</strong>e allerdings nicht antreten. Auch ist das sehr weite <strong>Gewalt</strong>verständnis der Auto­<br />

ren problematisch, das diese wählen, „um der geforderten Subjektbezogenheit in der<br />

Wahrnehmung auditiver <strong>Gewalt</strong> gerecht zu werden“ (Schorb/Hartung 2003, S. 35). Es<br />

wird zwar eine Definition von „<strong>Gewalt</strong>“ aufgeführt, diese wird im Folgenden allerdings<br />

eher unpräzise gehandhabt. 303 Daher ist der Kritik von Mirijam Voigt (2004, S. 107)<br />

zuzustimmen, die anmerkt, dass in Bezug auf das Verständnis von verbaler <strong>Gewalt</strong> „die<br />

Grenze zur reinen Geschmacksfrage“ unklar bleibt.<br />

Zusammenfassung:<br />

<strong>Gewalt</strong> im Radio ist ein bislang vernachlässigter Forschungsbereich. Vorliegende<br />

Bef<strong>und</strong>e werden dahingehend gedeutet, dass die spaßig präsentierte, verbal vermit­<br />

telte psychische <strong>Gewalt</strong> einiger kinder- <strong>und</strong> jugendorientierter Sender negative Fol­<br />

gen nach sich ziehen könnte. Überzeugende empirische Nachweise fehlen jedoch.<br />

303 Die Verfasser (2003, S. 36) lehnen sich an eine Definition von Bernd Schorb <strong>und</strong> Helga Theunert an, die<br />

<strong>Gewalt</strong> definieren als „die Manifestation von Macht <strong>und</strong>/oder Herrschaft, mit der Folge <strong>und</strong>/oder dem Ziel<br />

der Schädigung von einzelnen oder Gruppen von Menschen.“ Physische <strong>Gewalt</strong> liege im Radio dann vor,<br />

wenn z. B. einem Gesprächspartner das Rederecht entzogen werde, psychische <strong>Gewalt</strong> trete durch verbale<br />

<strong>Gewalt</strong> wie Beleidigungen, Beschimpfungen usw. zutage, <strong>und</strong> strukturelle <strong>Gewalt</strong> könne über die Vermittlung<br />

von Klischees auftreten. Bei ihrer Programmanalyse beziehen die Verfasser sowohl <strong>Gewalt</strong> ein, die im<br />

Sprechakt selbst liegt, als auch <strong>Gewalt</strong>, über die berichtet wird (vgl. Schorb/Hartung 2003, S. 39). ➔<br />

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