Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
➔<br />
Dominanzverhältnisse seien „als Dimension der Deutung, Bewertung <strong>und</strong> Verarbei<br />
tung von <strong>Medien</strong>gewaltszenarien“ anzusehen (Röser 2000, S. 12). Röser führte eine<br />
Rezeptionsstudie mit 127 Personen im Alter zwischen 20 <strong>und</strong> 50 Jahren durch, die mit<br />
verschiedenen Filmszenen konfrontiert wurden. Hierbei handelte es sich zum einen<br />
um eine so genannten „hegemoniale Szene“ (entnommen aus einer US-amerikani<br />
schen Fernsehserie), in der ein weibliches Opfer <strong>und</strong> ein männlicher Täter vorkamen<br />
<strong>und</strong> in der Hilflosigkeit <strong>und</strong> Angst des Opfers dominierten. Zum anderen handelte es<br />
sich um eine so genannte „nicht hegemoniale Szene“ (entnommen aus einer „Tatort“<br />
Folge), in der ebenfalls die Bedrohung einer Frau gezeigt wurde, die ihren Angreifer<br />
jedoch besiegt. Die Probanden füllten Fragebogen zu diesen Szenen aus, die inhalts<br />
analytisch ausgewertet wurden. Außerdem wurden fokussierte Gruppendiskussionen<br />
durchgeführt.<br />
Im Hinblick auf die hegemoniale Szene zeigten sich bei Frauen „Gefühle der Belastung<br />
bis hin zur Angst“ (Röser 2000, S. 232f.), während solche Reaktionen den Männern<br />
fremd waren. Sofern die Männer ein gewisses Mitleid zeigten, geschah dies nur aus der<br />
Distanz. Involviertheit <strong>und</strong> Empathie der Männer waren generell geringer als bei den<br />
Frauen. Wenn sie auftraten, bezogen sie sich eher auf die allgemeine Bedrohungssi<br />
tuation denn auf den geschlechtsspezifischen Kontext. Frauen identifizierten sich<br />
nicht generell mit dem Opfer, sondern übten teilweise auch Kritik an dessen Wehrlo<br />
sigkeit, wobei sie betonten, dass auch Frauen Widerstand leisten könnten. Männer, die<br />
relativ distanziert auf die Szene reagierten, akzeptierten die Wehrlosigkeit des weibli<br />
chen Opfers dagegen als geschlechtstypisches Verhalten (vgl. Röser 2000, S. 310). In<br />
Bezug auf die nicht hegemoniale Szene zeigten Frauen v. a. Vergnügen <strong>und</strong> Genugtu<br />
ung. Männer zeigten sich z. T. irritiert, ca. ein Viertel äußerte ebenfalls emotionale<br />
Zustimmung, allerdings eher in Gestalt von Schadenfreude <strong>und</strong> Gerechtigkeitsgefühl<br />
(vgl. Röser 2000, S. 300f.).<br />
Insgesamt arbeitet die Verfasserin in ihrer Studie die geschlechtsgeb<strong>und</strong>ene Aneig<br />
nungsweise medialer <strong>Gewalt</strong> heraus <strong>und</strong> belegt in diesem Kontext, dass die Kategorie<br />
„Geschlecht“ bei der <strong>Gewalt</strong>rezeption von zentraler Bedeutung sein kann. <strong>Medien</strong>in<br />
halte werden als Angebote verstanden, deren Rezeption durch die eigene soziale<br />
Position sowie „lebensweltliche Erfahrungen“ beeinflusst wird. Frauen <strong>und</strong> Männer<br />
betrachten identische <strong>Gewalt</strong>szenarien aus unterschiedlicher Perspektive <strong>und</strong> eignen<br />
sich diese unterschiedlich an. Röser (2000, S. 345ff.) unterscheidet vier Dimensionen,<br />
die die Rezeption beeinflussen:<br />
1. Genre/Ästhetik/Produktion (<strong>Medien</strong>angebote werden als ästhetische Konstrukte<br />
betrachtet),<br />
2. Rezeptionssituation (gemeint ist damit die Alltagseingeb<strong>und</strong>enheit der <strong>Medien</strong>nut<br />
zung, das Umfeld, die Motive, Reaktionen <strong>und</strong> Personenkonstellationen),<br />
3. Biographie/Lebenslage,<br />
4. gesellschaftliche Verhältnisse (z. B. festgestellte Gemeinsamkeiten bei der <strong>Gewalt</strong>re<br />
zeption unter Zuschauern gleichen Geschlechts bei ansonsten sehr heterogenen<br />
Selbst- <strong>und</strong> Weltsichten).<br />
➔<br />
155