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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />

➔<br />

sie einen Artikel im „Independent“ vom April 1995 sowie eine andere Folge von „Casu­<br />

alty“ (ausgestrahlt am 15.2.1997) heran. In beiden kam ein Selbstmord mit Frostschutz­<br />

mittel vor. Daten des „National Poisons Information Service“ in London zufolge stieg<br />

die Zahl entsprechender Fälle im Monat der Veröffentlichung bzw. der Ausstrahlung<br />

signifikant an (alle Fälle lagen zeitlich nach der <strong>Medien</strong>botschaft).<br />

Während nach wie vor die meisten Untersuchungen zu Ansteckungseffekten von<br />

Selbstmorddarstellungen in Presse <strong>und</strong> Fernsehen vorliegen, haben sich mittlerweile<br />

auch einige Forscher mit den Auswirkungen anderer <strong>Medien</strong> wie des Internets oder<br />

bestimmter Musikrichtungen auf die Selbstmordneigung der Rezipienten befasst. Die<br />

zum Internet vorliegenden Veröffentlichungen beruhen bislang größtenteils aller­<br />

dings noch auf Vermutungen <strong>und</strong> anekdotischen Berichten, lassen jedoch ein gewisses<br />

Gefährdungspotential des Internets, insbesondere für junge Rezipienten, erkennen<br />

(vgl. z. B. Alao/Yolles/Armenta 1999; Baume/Cantor/Rolfe 1997; Baume/Rolfe/Clinton<br />

1998; Beatson/Hosty 2000; Haut 1998; Janson u. a. 2001; Mehlum 2000a; Suresh/Lynch<br />

1998; Thompson 1999; 2001). 119 Eine systematische Erforschung der entsprechenden<br />

Risiken wird allerdings durch die globale Natur des Internets ebenso erschwert wie<br />

durch die lange Zeit, die Inhalte dort oft eingestellt bleiben, so dass der Zeitpunkt der<br />

Wahrnehmung durch einen Rezipienten schwierig zu bestimmen ist (vgl. Hawton/Wil­<br />

liams 2001).<br />

Eine aktuelle, in ihrer Aussagekraft allerdings sehr beschränkte Untersuchung stammt<br />

von Armin Schmidtke, Sylvia Schaller <strong>und</strong> Anja Kruse (2003). Die Autoren diskutieren<br />

verschiedene schädliche Auswirkungen des Internets in Bezug auf das Selbstmordver­<br />

halten (längerfristige Einstellungsveränderungen, z. B. durch Suiziddarstellungen <strong>und</strong><br />

Erinnerungsstücke; Wechselwirkungen zwischen Presse/TV <strong>und</strong> Internet, d. h. die<br />

Berichterstattung in anderen <strong>Medien</strong> veranlasst Rezipienten, sich in Suizid-Foren im<br />

Internet einzuschalten; Verabredung von Doppelsuiziden über das Internet). Als Me­<br />

thode zur Feststellung möglicher Imitationseffekte wählten sie eine Analyse „serieller<br />

Abhängigkeiten“ im Hinblick auf Verabredungen zum Selbstmord. Schmidtke, Schal­<br />

ler <strong>und</strong> Kruse (2003, S. 158) stellten die Hypothese auf, dass „eine Häufigkeit von Verab­<br />

redungen zu suizidalem Verhalten, die sich nicht zufällig über die Zeit verteilt <strong>und</strong><br />

nicht im Rahmen der Varianz bleibt <strong>und</strong> somit eine zeitliche Dependenz anzeigt, so<br />

genannte Suizidcluster <strong>und</strong> damit Imitationseffekte nahe legt.“ Die Forscher analysier­<br />

ten über 53 Wochen Aufrufe zum gemeinsamen Suizid, die im Archiv eines Internetfo­<br />

rums zu finden waren. Daraus, dass die Postings mit der Suche nach Suizidpartnern<br />

nicht zufällig über die Zeit verteilt waren, sondern signifikant mehr Teilnehmer in<br />

einem bestimmten Zeitraum nach Suizidpartnern suchten, schlossen Schmidtke,<br />

Schaller <strong>und</strong> Kruse auf mögliche Imitationseffekte. Die Verfasser nennen als Schwäche<br />

ihrer Studie die Tatsache, dass keine Informationen darüber vorliegen, ob tatsächlich<br />

ein Selbstmord stattgef<strong>und</strong>en hat. Problematischer ist allerdings, dass andere mögliche<br />

119 Es gibt allerdings auch Stimmen, die die suizidpräventiven Möglichkeiten des Internets hervorheben (vgl.<br />

z. B. Etzersdorfer/Fiedler/Witte 2003; Lindner/Fiedler 2002; Nagenborg 2001; Schmidtke/Schaller/Kruse<br />

2003; Sher 2000; Stoney 1998). ➔<br />

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