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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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zwischen hohem Fernsehkonsum <strong>und</strong> der Fernsehrealität entsprechendem Antwort<br />
verhalten), der sich in der Gruppe zeigte, die zunächst ein Urteil abgeben sollte, wurde<br />
in der Gruppe, die zunächst ein Beispiel nennen sollte, nicht gef<strong>und</strong>en. Dies ist nach<br />
Busselle darauf zurückzuführen, dass das Nachdenken über ein Beispiel dazu geführt<br />
habe, dass das zu beurteilende Thema Viel- <strong>und</strong> Wenigsehern gleichermaßen präsent<br />
war, d. h. der evtl. „Vorsprung“ der Vielseher in Bezug auf die Zugänglichkeit entspre<br />
chender Informationen im Gedächtnis wurde neutralisiert. Auch könnte das Nachden<br />
ken über ein Beispiel dazu geführt haben, dass statt einer heuristischen eine systemati<br />
sche Informationsverarbeitung stattfand, d. h. die Quelle der im Gedächtnis vorhande<br />
nen Informationen bewusst <strong>und</strong> daher ein Kultivierungseffekt unterb<strong>und</strong>en wurde.<br />
3. Fernsehvermittelte Informationen werden auf die Realität übertragen<br />
Shrum (2002, S. 81f.) geht davon aus, dass Fernsehbeispiele auf die Realität übertragen<br />
werden, weil die Rezipienten sich der Quelle der Information nicht (mehr) bewusst<br />
sind. Shrum, Wyer <strong>und</strong> O’Guinn (1998) führten ein Experiment durch, in dem sie eine<br />
Gruppe von Versuchspersonen (71 Studierende) zunächst Informationen über ihr Fern<br />
sehverhalten geben ließen, bevor diese Urteile über die Verbreitung verschiedener<br />
Kriminalitätsformen in der Realität abgaben („Source Priming“). Eine zweite Gruppe<br />
wurde zunächst darüber informiert, dass die Sachverhalte, die sie einschätzen sollte,<br />
im Fernsehen häufiger vorkämen als in der Realität („Relation Priming“). Eine dritte<br />
Gruppe gab ihre Schätzungen ab, bevor sie zum Fernsehverhalten befragt wurde („No<br />
Priming“). Die Forscher nahmen an, dass es unter den beiden Priming-Bedingungen zu<br />
einer Abwertung der Informationsquelle Fernsehen kommt, die sich in geringeren<br />
Effekten der Fernsehinformationen, d. h. in geringeren Kultivierungseffekten nieder<br />
schlägt (Kultivierungseffekte wurden durch eine Übereinstimmung der abgegebenen<br />
Eigenschaften mit der Fernsehrealität bzw. der tatsächlichen Ereignislage operationa<br />
lisiert). Erwartungsgemäß stellte sich heraus, dass in der dritten Gruppe Kultivierungs<br />
effekte auftraten, in den beiden anderen Gruppen aber nicht. Bei Wenigsehern zeigten<br />
sich diese Effekte nicht, die Urteile von Vielsehern glichen sich aber unter den beiden<br />
Priming-Bedingungen denen der Wenigseher an, offensichtlich weil die Vielseher die<br />
Bedeutung der Quelle reduzierten („Source Discounting“).<br />
4. Die Motivation zur Informationsverarbeitung fungiert als Moderator<br />
im Kultivierungsprozess<br />
Shrum (2002, S. 83f.) nimmt an, dass eine hohe Motivation zu einer systematischen statt<br />
einer heuristischen Informationsverarbeitung führt <strong>und</strong> somit Kultivierungseffekte aus<br />
schaltet. In einem Experiment manipulierte Shrum (2001) die Informationsverarbeitungs<br />
strategien der Rezipienten. Hierzu forderte er eine Gruppe auf, in Bezug auf verschiedene<br />
Häufigkeitseinschätzungen (z. B. von Kriminalität) die erste ihnen in den Sinn kommende<br />
Ansicht zu äußern (heuristische Informationsverarbeitung). Andere Gruppen sollten ein<br />
möglichst präzises Urteil abgeben bzw. wurden darüber informierte, dass ihre Antworten<br />
mit ihnen diskutiert <strong>und</strong> bewertet würden (systematische Informationsverarbeitung). Einer<br />
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