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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />

➔<br />

ren, viele Artefakte bzw. unzutreffende Bef<strong>und</strong>e addieren sich deshalb aber noch lange<br />

nicht zu einem zutreffenden Ergebnis. Die Meta-Analyse ist kein W<strong>und</strong>ermittel, <strong>und</strong><br />

Forschungslücken bleiben auch nach ihrer Anwendung offen.<br />

Auch Comstock <strong>und</strong> Scharrer konzedieren, dass die Interpretation der Bef<strong>und</strong>e auch<br />

bei Meta-Analysen noch immer dem Forscher überlassen bleibe (z. B. im Hinblick auf<br />

die Verallgemeinerbarkeit der Bef<strong>und</strong>e, die Wirkung von Drittvariablen <strong>und</strong> die Rich­<br />

tung des Kausalzusammenhangs). Wichtig ist zudem eine thematisch sinnvolle Aus­<br />

wahl der in eine Meta-Analyse einbezogenen Studien, um nicht Unvergleichbares mit­<br />

einander zu vergleichen <strong>und</strong> etwa eine Aufhebung gegenläufiger Bef<strong>und</strong>e zu riskie­<br />

ren, hinter denen die Variation eines nichtbeachteten Einflussfaktors steht. So könnte<br />

es z. B. wichtig sein, Studien mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen getrennt zu<br />

betrachten, falls diese von <strong>Medien</strong>gewalt unterschiedlich gefährdet sind. Eine gemein­<br />

same Betrachtung würde zum Ergebnis einer durchschnittlichen Gefährdung führen,<br />

obwohl sich dahinter ein hohes Risiko für die eine <strong>und</strong> ein niedriges Risiko für die<br />

andere Gruppe verbirgt.<br />

3.5.2 Langzeitstudien<br />

Eine besonders gute Gelegenheit für die Untersuchung von Langfristwirkungen von<br />

Fernsehgewalt ist die Einführung des Fernsehens in bislang fernsehfreien Gebieten.<br />

Eine retrospektive Untersuchung einer solchen Situation hat bereits Brandon S. Center­<br />

wall (1989; 1992) durchgeführt. Centerwall verglich die Entwicklung der Mordrate in<br />

den USA, in Kanada <strong>und</strong> in Südafrika (dort nur für die weiße Bevölkerung) <strong>und</strong> kam zu<br />

dem Schluss, dass jeweils 10 bis 15 Jahre nach Einführung des Fernsehens eine Verdop­<br />

pelung der Morde festzustellen sei. Diese Entwicklung führt Centerwall auf die jeweils<br />

neue „Fernsehgeneration“ zurück, da der Anstieg der Morde zunächst in den entspre­<br />

chenden Altersgruppen (zunächst Kinder, dann Jugendliche, dann junge Erwachsene)<br />

gef<strong>und</strong>en wurde. In Südafrika stieg zwischen 1974 (vor der Einführung des Fernsehens<br />

1975) <strong>und</strong> 1987 die Mordrate um 130 % (von 2,5 auf 5,8 Morde je 100.000 Weiße). In den<br />

USA <strong>und</strong> Kanada, wo die Mordrate in diesem Zeitraum nur geringfügig anstieg, war<br />

ebenfalls 10 bis 15 Jahre nach der Einführung des Fernsehens ein Anstieg der Mordrate<br />

festzustellen. So gab es in den USA 1945 drei Morde pro 100.000 Einwohner <strong>und</strong> 1974 5,8<br />

Morde pro 100.000 Einwohner. Die entsprechenden Raten betrugen für Kanada: 1945<br />

1,3 <strong>und</strong> 1974 2,5 Morde pro 100.000 Einwohner. Centerwall behauptet sogar, ohne das<br />

Fernsehen würde es in den USA heute jährlich 10.000 Morde, 70.000 Vergewaltigungen<br />

<strong>und</strong> 700.000 Angriffe mit Körperverletzung weniger geben. Etwa die Hälfte aller Morde<br />

in den USA werde durch den Fernsehkonsum verursacht (vgl. Centerwall 1992, S. 3061).<br />

Die Dateninterpretation von Centerwall basiert allerdings auf falschen Annahmen<br />

(vgl. dazu auch Kunczik 1998, S. 193f.). Centerwall spricht in seiner Veröffentlichung<br />

(1989, S. 45) zwar die Gefahr eines ökologischen Fehlschlusses an, der beim Schluss von<br />

Aggregatdaten auf Individualdaten vorkommen kann, schließt dieses Problem aber für<br />

seine Untersuchung aus, indem er auf Studien verweist, die eine Kausalbeziehung<br />

zwischen Fernsehen <strong>und</strong> Zunahme physischer Aggression bereits nachgewiesen hät-<br />

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