Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Übersicht <strong>Medien</strong>pädagogische Interventionsstrategien<br />
➔<br />
im Sinne der Entwicklung einer positiven Einstellung zur <strong>Gewalt</strong> begünstigt. Dadurch,<br />
dass negative Konsequenzen der <strong>Gewalt</strong> für das Opfer normalerweise nicht gezeigt<br />
würden, sei es auch nicht wahrscheinlich, dass Kinder von sich aus dessen Perspektive<br />
wählten. Der Effekt der (fehlenden) Darstellung des Leidens der Opfer könne nach den<br />
Bef<strong>und</strong>en dieser Studie leicht durch die Aufforderung, an das Opfer zu denken, ersetzt<br />
werden. Nathanson <strong>und</strong> Cantor sehen darin eine langfristig wirksame Strategie zur<br />
Anleitung von Kindern im Umgang mit den <strong>Medien</strong> <strong>und</strong> vermuten, dass Kinder sich<br />
daran gewöhnen könnten, die Perspektive des Opfers einzunehmen <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>dar<br />
stellungen auch dann kritisch wahrzunehmen, wenn kein Erwachsener anwesend<br />
sei. 330Allerdings vermuten sie, dass diese Strategie erst bei Kindern eines gewissen<br />
Alters greift, da jüngere Kinder nachgewiesenermaßen Schwierigkeiten hätten, sich in<br />
die Perspektive anderer hineinzuversetzen (vgl. Nathanson/Cantor 2000, S. 139).<br />
Mit einer weiteren Variante aktiver Interventionsstrategien hat sich eine Studie von<br />
Nathanson <strong>und</strong> Yang (2003) befasst. Im Zentrum des Interesses stand zum einen die<br />
Wirkung des wahrgenommenen (bzw. durch die Eltern vermittelten) Realitätsgehalts<br />
von Fernsehsendungen. Dabei wurde zwischen zwei Arten der Realitätsbeurteilung<br />
unterschieden:<br />
1. „Factuality“ („Faktizität“ bzw. „Tatsächlichkeit“), d. h. die Einschätzung, ob die dar<br />
gestellten Ereignisse tatsächlich im wirklichen Leben geschehen sind.<br />
2. „Social Realism“ („sozialer Realismus“), d. h. die Einschätzung, ob die Fernsehhand<br />
lungen realistisch in dem Sinne sind, dass sich Personen im wirklichen Leben in<br />
dieser Weise verhalten, auch wenn dem Rezipienten klar ist, dass es sich bei den<br />
Fernsehszenen um fiktive Vorgänge handelt. 331<br />
Neben dem Inhalt interessierten sich die Forscherinnen zum anderen auch für formale<br />
Aspekte der Intervention, d. h. dafür, ob Fragen oder Statements die geeignetere Form<br />
darstellen.<br />
Nathanson <strong>und</strong> Yang führten zunächst eine Befragung von 103 Kinder im Alter von<br />
5 bis 12 Jahren durch, bei denen u. a. Informationen zu ihrer <strong>Medien</strong>nutzung, der Ein<br />
stellung zu diversen <strong>Medien</strong>, der medienpädagogischen Intervention durch die Eltern,<br />
zu Gesprächen mit Gleichaltrigen über <strong>Medien</strong> <strong>und</strong> zu aggressiven Einstellungen<br />
erhoben wurden. Etwa eine Woche später fand ein Experiment statt: Die Kinder wur<br />
den fünf Gruppen zugeordnet. Alle Kinder sahen eine fünfminütige Episode der Kin<br />
dersendung „Los Luchadores“, in der drei Wrestling-Helden durch als gerechtfertigt<br />
dargestellte <strong>Gewalt</strong> eine Frau aus den Händen ihrer Feinde befreien. Während der<br />
Filmvorführung erhielten die Kinder viermal eine Botschaft. Diese Botschaft unter<br />
schied sich in den fünf Versuchsgruppen folgendermaßen:<br />
330 Die Tatsache, dass elterliche Interventionsstrategien langfristig wirksam sind, wurde auch durch die<br />
bereits geschilderte Studie von Nathanson 1999 bestätigt. Zur Bedeutung der Opferwahrnehmung vgl.<br />
auch Kapitel 3.4.2.4.<br />
331 Die Übersetzung der Begriffe wurde von Freitag/Zeitter 1999b übernommen. ➔<br />
269