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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Computerspielen<br />
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Hinweise darauf, dass Computerspiele gespielt werden, um Wut abzureagieren, fand<br />
auch Jürgen Fritz in einigen Studien (vgl. Fritz 2003b; 2003e). Bereits 1994/95 mit 104 Viel<br />
spielern (bestimmt durch Selbstangaben) durchgeführte Interviews ergaben, dass gut<br />
24 % der Probanden das Herauslassen von Wut <strong>und</strong> Ärger als Spielmotivation nannten<br />
(vgl. Fritz 2003b; 2003e). Allerdings scheint der gewünschte Effekt nicht unbedingt<br />
einzutreten, v. a. dann nicht, wenn während des Spielens Misserfolge auftreten, die<br />
dann den ursprünglichen Gefühlszustand noch verstärken (vgl. Fritz 2003e). Zu diesem<br />
Ergebnis kamen auch Durkin <strong>und</strong> Aisbett (1999, S. 65–67) in ihrer Befragung australi<br />
scher Fokus-Gruppen.<br />
In der Online-Befragung von Computerspielern von Ladas (2002) meinten 22 % der<br />
Befragten, es treffe voll bzw. ziemlich zu, dass Wut ein Spielanlass für sie sei (55 % trifft<br />
nicht zu, 23 % trifft mäßig zu). Dass eine Wirkung während des Spiels im Aggressionsab<br />
bau bestehe, meinten knapp 37 % (trifft voll zu bzw. trifft ziemlich zu), knapp 33 % gaben<br />
an, dass dies nur mäßig <strong>und</strong> 30,5 %, dass dies gar nicht zutreffe. Auf einem semantischen<br />
Differential 264 mit vier Skalenpunkten entschieden sich bei der Skala „aggressiv“ – „ab<br />
reagiert“ 92,4 % für „abreagiert“ <strong>und</strong> nur 7,5 % für „aggressiv“. Darüber hinaus konsta<br />
tierte Ladas (2002, S. 294), dass das Gefühl, Aggressionen loszuwerden <strong>und</strong> sich abzu<br />
reagieren, v. a. von Spielern hoch <strong>und</strong> mittel gewalthaltiger Genres berichtet wurde.<br />
Ob es allerdings tatsächlich die <strong>Gewalt</strong> in Action-, Kampfsport-, Kriegs-Strategiespie<br />
len, militärischen Flugsimulationen <strong>und</strong> Auto-Rennspielen war, die hierbei eine Rolle<br />
spielte, oder ob andere Eigenschaften das Spiel hierzu geeignet erscheinen ließen, muss<br />
offen bleiben. Dafür, dass es nicht nur der Inhalt ist, spricht die Tatsache, dass die Spieler<br />
keine Präferenz für die von Ladas ebenfalls als hoch gewalttätig eingestuften Rollen-<br />
Spiele zeigten. Des Weiteren konstatierte Ladas (2002, S. 295f.), dass Personen mit einer<br />
aggressiven Persönlichkeit häufiger berichteten, während des Spiels empfänden sie<br />
einen Aggressionsabbau. Betrachtet man die Wirkungen nach dem Spiel, so fühlten<br />
sich aggressive Spieler allerdings nicht mehr oder weniger stark abreagiert als weniger<br />
aggressive Spieler.<br />
Abgesehen davon, dass diese Bef<strong>und</strong>e recht widersprüchlich sind, besteht ein Problem<br />
dieser wie der anderen bisher geschilderten Untersuchungen darin, dass ihre Ergebnis-<br />
se auf Selbstangaben der Versuchspersonen beruhen <strong>und</strong> daher nur sehr begrenzt<br />
aussagekräftig sind.<br />
Ein Experiment von Jürgen Wegge <strong>und</strong> Uwe Kleinbeck (1997) vermeidet zwar diese Pro<br />
blematik, leidet jedoch unter anderen methodischen Schwächen. In der Untersuchung<br />
spielten 55 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler (Durchschnittsalter 15 Jahre, 26 Jungen, 29 Mäd<br />
chen) <strong>und</strong> 54 Studierenden (Durchschnittsalter 24 Jahre, 32 männlich, 22 weiblich) das so<br />
genannte „Gaunerspiel“. Dabei handelte es sich um ein von je drei Personen gespieltes<br />
Spiel, bei dem es darauf ankam, als erster eine bestimmte Punktzahl zu erreichen. Hierzu<br />
konnten die Spieler Koalitionen mit jeweils einem anderen Spieler eingehen, mit dem für<br />
264 Bei einem „semantischen Differential“ ordnen die Befragten einen Begriff auf mehrstufigen Skalen zwischen<br />
zwei Gegensatzpaaren ein. ➔<br />
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