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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />

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Näher mit dem Katharsisbegriff hat sich auch Daniel Hug (2003) befasst. Hug verfolgt<br />

die Geschichte des Katharsisbegriffs seit seinen Anfängen <strong>und</strong> kommt ebenfalls zu dem<br />

Schluss, dass der Terminus im Laufe der Zeit eine starke Veränderung erfahren habe.<br />

Nach Hug hat der Katharsisbegriff, so wie er in der Kommunikationswissenschaft<br />

verwendet wird, mit den Wurzeln des Terminus bei Aristoteles <strong>und</strong> bei Freud nicht<br />

mehr viel gemein. Der aristotelische Tragödienansatz, auf den der Katharsisbegriff<br />

zumeist zurückgeführt wird, weist, wie Hug (2003, S. 30) konstatiert, ein weites Inter­<br />

pretationsspektrum auf, das eine Berufung auf Aristoteles bei der Verwendung des<br />

Katharsisbegriffs problematisch macht <strong>und</strong> eine Verengung der kommunikationswis­<br />

senschaftlichen Diskussion auf die Aggressionskatharsis als nicht gerechtfertigt<br />

erscheinen lässt. Hug (2003, S. 84f.) schreibt: „Nirgends ist bei Aristoteles die Rede von<br />

einer Reduktion von Aggressivität, <strong>und</strong> die Tragödien unterscheiden sich in den von<br />

Aristoteles als essentiell bezeichneten Elementen deutlich von den meisten der heutzu­<br />

tage in den Massenmedien gezeigten <strong>und</strong> in der kommunikationswissenschaftlichen<br />

Forschung verwendeten <strong>Gewalt</strong>darstellungen. Darüber hinaus ist sehr unklar <strong>und</strong><br />

umstritten, wie Aristoteles die Wirkung der Tragödie genau sieht. Der Verweis auf<br />

Aristoteles ist somit auf jeden Fall wenig hilfreich <strong>und</strong> vermutlich überhaupt unange­<br />

bracht.“ In Bezug auf das psychoanalytische Katharsisverständnis stellt Hug heraus,<br />

dass dieses in der Katharsis eine Bewusstwerdung von Verdrängtem/Unbewusstem<br />

sieht, während dieser Aspekt in der späteren Diskussion <strong>und</strong> den experimentellen<br />

Untersuchungen keine Rolle mehr spielt. Hug (2003, S. 85) folgert: „Übrig bleibt also<br />

nur die vage Vorstellung irgendeines homöopathischen Prozesses, der bei der Rezepti­<br />

on von <strong>Gewalt</strong>darstellungen stattfinden soll.“ Nach Hug würden „das tragische <strong>und</strong><br />

das freudianische Katharsiskonzept schon den Gr<strong>und</strong>annahmen widersprechen, die in<br />

der Untersuchung der kommunikationswissenschaftlichen Katharsis gültig sind <strong>und</strong><br />

die so Eingang in Konzeptualisierung <strong>und</strong> Untersuchungsmethode finden.“ Hug plä­<br />

diert dafür, das Katharsiskonzept nicht aufzugeben, sondern auf seine tatsächlichen<br />

Wurzeln zurückzuführen <strong>und</strong> so für die Kommunikationswissenschaft fruchtbar zu<br />

machen.<br />

Eine andere, neue Richtung der Diskussion um die Katharsis haben Brad J. Bushman u.a.<br />

eingeschlagen. Dieses Forschungsteam hat sich gleichsam auf einer Meta-Ebene mit<br />

Katharsiseffekten befasst. Es wurde nicht nach tatsächlichen kathartischen Effekten<br />

gefragt, sondern untersucht, ob die (immer noch propagierte) Überzeugung, es gebe<br />

solche kathartischen Prozesse, das aggressive Verhalten dieser Annahme folgender<br />

Rezipienten beeinflusst. Brad J. Bushman, Roy F. Baumeister <strong>und</strong> Angela D. Stack (1999)<br />

legten in einem Experiment 360 Versuchspersonen (50 % Frauen, 50 % Männer) einen<br />

angeblichen Zeitungsartikel vor, in dem Katharsiseffekte für bestätigt bzw. für wider­<br />

legt erklärt wurden bzw. der eine neutrale Botschaft enthielt. Anschließend schrieben<br />

die Probanden einen Aufsatz über ein vorgegebenes Thema. Ein Teil der Versuchsper­<br />

sonen wurde durch eine negative Bewertung des Essays verärgert (der andere Teil<br />

erhielt den Aufsatz mit positiven Anmerkungen zurück). Im Anschluss daran reihten<br />

die Versuchspersonen zehn Aktivitäten nach ihrer Präferenz, sie später während des<br />

Experiments auszuüben. Neben Tätigkeiten wie lesen, eine Komödie schauen, ein<br />

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