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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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Die zweite Meta-Analyse wurde von Brad J. Bushman <strong>und</strong> Craig A. Anderson 2001 (vgl.<br />
auch Anderson/Bushman 2002a; 2002c) veröffentlicht. Die Forscher führten eine<br />
kumulative Meta-Analyse durch <strong>und</strong> bildeten die Stärke der gef<strong>und</strong>enen Korrelatio<br />
nen zwischen 1975 <strong>und</strong> 2000 in Fünf-Jahres-Intervallen ab. Berücksichtigt wurden nur<br />
solche Untersuchungen, die aggressives Verhalten als abhängige Variable gemessen<br />
haben. Die Verfasser konnten 202 unabhängige Stichproben identifizieren, die über<br />
43.000 Versuchspersonen umfassten. Insgesamt fanden die Verfasser einen signifikant<br />
positiven Zusammenhang zwischen <strong>Medien</strong>gewalt <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>verhalten. Dies galt<br />
sowohl für experimentelle als auch für nicht experimentelle Untersuchungen, wobei –<br />
nicht überraschend – die Effekte für experimentelle Studien stärker ausfielen. Im Zeit<br />
verlauf betrachtet blieben die Effekte für experimentelle Studien weit gehend stabil,<br />
während die Effektstärke für nicht experimentelle Studien anstieg. 210 Eine weitere<br />
Differenzierung der Effektstärken verschiedener Untersuchungsdesigns (vgl. Ander<br />
son/Bushman 2002a; 2002c) zeigte ungefähr gleich starke Effekte für Querschnitt- <strong>und</strong><br />
Längsschnittstudien (r = 0,18 bzw. r = 0,17). Höher war auch die Korrelation für Feldex<br />
perimente nicht (r = 0,19); Laborexperimente fanden eine etwas größere Effektstärke<br />
(r = 0,23). 211<br />
Neben den zwei geschilderten Meta-Analysen sind seit 1977 fünf weitere erschienen,<br />
die sich mit der Wirkung von Fernsehgewalt beschäftigt haben (für einen Überblick<br />
vgl. Comstock/Scharrer 2003; Comstock 2004; Strasburger/Wilson 2003, S. 72–75; zu<br />
weiteren, spezielleren Meta-Analysen vgl. Kapitel 4.4, 4.7, 9). Comstock (2004, S. 198)<br />
kommt nach einer Sichtung aller sieben vorliegenden Meta-Analyen zu dem Ergebnis:<br />
„These analyses irrefutably confirm that there is a positive correlation between exposu<br />
re to violent television and movie portrayals and engagement in aggressive or antisoci<br />
al behavior.“ Allerdings ist – wie eingangs bemerkt – zu berücksichtigen, dass diverse<br />
einbezogene Studien methodische Defizite aufweisen <strong>und</strong> die Effekte unter unter<br />
schiedlichen Bedingungen verschieden groß ausfallen. Nicht zu allen diesen Bedin<br />
gungen (v. a. verschiedenen Arten von Inhalten <strong>und</strong> verschiedenen Personengruppen)<br />
existieren bereits so viele Studien, dass eine Meta-Analyse sinnvoll wäre. Die in den<br />
Meta-Analysen festgestellte Effektgröße ist zudem nicht besonders groß. Die Zusam<br />
menhangsmaße der sieben Meta-Analysen rangieren zwischen r = 0,11 (Hogben 1998)<br />
<strong>und</strong> r = 0,31 (Paik/Comstock 1994), was eine geringe bis mittlere Effektstärke bedeutet.<br />
Dem entspricht eine Varianzaufklärung von 1 bis 9 %, d. h. höchstens 9 % der festgestell<br />
ten Aggression der Rezipienten werden durch den Konsum von Fernsehgewalt erklärt.<br />
Dieses Ergebnis unterstreicht die von der Forschung immer wieder betonte Tatsache,<br />
dass <strong>Gewalt</strong>verhalten nicht auf eine einzige Ursache, sondern auf ein ganzes Bündel<br />
210 Die Verfasser (2001, S. 485) nennen vier mögliche Ursachen für diesen Bef<strong>und</strong>: 1. Könnte die Methodik der<br />
Untersuchungen verbessert worden sein; 2. könnte der <strong>Medien</strong>- <strong>und</strong> damit auch der <strong>Medien</strong>gewaltkonsum<br />
angestiegen sein; 3. könnte sich der <strong>Gewalt</strong>gehalt der <strong>Medien</strong> erhöht haben <strong>und</strong> 4. würde die Effektgröße<br />
auch steigen, wenn ein größerer Anteil der Bevölkerung violentere <strong>und</strong> ein entsprechend größerer<br />
Anteil weniger violente <strong>Medien</strong>inhalte konsumieren würde.<br />
211 Nach einem vielfach angewandten, von Cohen (1977; vgl. auch Rosenthal/Rosnow/Rubin 2000) vorgeschlagenem<br />
Kriterium, können Korrelationskoeffizienten von r = 0,10 als klein, von r = 0,30 als mittel <strong>und</strong><br />
von r = 0,50 als groß bezeichnet werden. ➔<br />
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