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Übersicht <strong>Medien</strong>pädagogische Interventionsstrategien<br />
➔<br />
drei üblicherweise gewalthaltigen TV-Genres (Action-Abenteuer-Programme, realisti<br />
sche Action-Cartoons, klassische Cartoons) Auskunft geben. Die Kinder beantworteten<br />
unabhängig von ihren Eltern Fragen zu ihrem Fernseh- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>verhalten. Ein<br />
Drittel der Kinder sah eine Woche später eine fünfminütige Zeichentrickepisode<br />
(„Woody Woodpecker“), die humorvoll präsentierte <strong>Gewalt</strong> enthielt. Im Anschluss<br />
daran wurden durch Selbstauskünfte der Kinder deren fernsehbewirkte <strong>Gewalt</strong>nei<br />
gung gemessen. Nathanson (1999) stellte fest, dass aktive <strong>und</strong> restriktive Interventions<br />
maßnahmen unabhängig vom Ausmaß des Fernsehkonsums mit weniger allgemein<br />
gewalttätigen Tendenzen bei den Kindern verb<strong>und</strong>en waren. Gemeinsames Fernsehen<br />
zeigte keinen signifikanten Zusammenhang mit der Aggressionsneigung der Kin<br />
der. 322 In Bezug auf die gewalttätigen Tendenzen der Kinder nach dem Konsum des<br />
violenten Films stellte sich heraus, dass sowohl aktive als auch restriktive Interventions<br />
maßnahmen mit geringeren <strong>Gewalt</strong>neigungen einhergingen, während Kinder, mit<br />
denen die Eltern gemeinsam fernsahen (ohne über das Gesehene zu reden), stärkere<br />
fernsehbewirkte Aggression zeigten. 323 Die Wirkung aktiver Interventionsstrategien<br />
beruht nach den Bef<strong>und</strong>en Nathansons darauf, dass die Kinder den gewalttätigen<br />
Fernsehinhalten geringere Bedeutung zumessen. Durch negative Kommentare über<br />
gewalttätige Inhalte oder durch ständige Restriktion des Zugangs zu solchen Sendun<br />
gen werde dem Kind die Botschaft vermittelt, dass derartige Inhalte nicht wichtig<br />
seien, so dass es selbst beim Konsum entsprechender Programme die damit verb<strong>und</strong>e<br />
nen Botschaften weniger ernst nehme <strong>und</strong> weniger Imitationsneigungen entwickle.<br />
Restriktive Interventionsstrategien führten zudem dazu, dass die Kinder den entspre<br />
chenden Inhalten weniger Aufmerksamkeit widmeten, was die möglichen negativen<br />
Auswirkungen ebenfalls reduziere.<br />
Der Wahrnehmung von Interventionsstrategien durch Kinder ebenso wie den Beweg<br />
gründen der Eltern für die Anwendung der jeweiligen Maßnahmen hat sich Nathan<br />
son (2001b) in einer weiteren Publikation (die auf den Daten derselben Befragung wie<br />
Nathanson 1999 beruht) näher gewidmet. Es stellte sich heraus, dass Eltern, die violen<br />
ten Fernsehinhalten negativ gegenüberstanden <strong>und</strong> negative Konsequenzen für ihre<br />
Kinder befürchteten, v. a. aktive <strong>und</strong> restriktive Maßnahmen anwandten, wohingegen<br />
diejenigen, die solchen Inhalten eher positiv gegenüberstanden, „Coviewing“ betrie<br />
ben. Was die Wahrnehmung der Kinder betrifft, zeigte sich überraschenderweise, dass<br />
Kinder aktive Interventionsstrategien als elterliche Billigung der entsprechenden<br />
Inhalte auffassten. Nathanson erklärt diesen Bef<strong>und</strong> mit der bei den Kindern verwen<br />
deten Fragestellung, die nicht explizit auf negative aktive Intervention, sondern nur auf<br />
aktive Intervention insgesamt bezogen gewesen war (d. h. darauf, wie oft Eltern mit<br />
322 Diese allgemeine Aggressionsneigung wurde mit der Zustimmung der Kinder zu vier Fragen gemessen,<br />
die die Einstellungen zur Aggression maßen (z. B. „Manchmal ist Kämpfen ein gutes Mittel, um zu bekommen,<br />
was Du willst.“).<br />
323 Zur Messung der fernsehbewirkten Aggressionsneigung gaben die Kinder den Grad ihrer Zustimmung zu<br />
sechs Statements an, die aggressive Einstellungen zum Ausdruck brachten (z. B. „Ich sehe es gerne, wenn<br />
Leute kämpfen“). Die Fragen waren denen zur Erhebung der allgemeinen Aggressionsneigung ähnlich,<br />
aber doch so unterschiedlich, dass keine Konsistenzeffekte (d. h. keine Anpassung späterer an frühere Antworten<br />
durch die Versuchspersonen) zu erwarten waren. ➔<br />
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