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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />

➔<br />

Auch löse „Action“ ebenso wie Gefahr <strong>und</strong> Bedrohung einen „Fight-Flight-Mechanismus“<br />

aus, der „entsprechende physiologisch-motorische Aktivationen“ bewirke (Haus­<br />

manninger 2002, S. 236). Auch ein „Flow-Erlebnis“ (vgl. Kapitel 4.3.3) sei möglich. Auf<br />

der emotionalen Ebene beziehe sich die Funktionslust v. a. auf empathische Prozesse,<br />

auf der kognitiven Ebene bereite die Entschlüsselung der Bedeutungsstruktur von<br />

Einstellungen, Szenen, Szenenfolgen usw. Vergnügen. Für den Genuss sei daher nicht<br />

nur die <strong>Gewalt</strong> an sich relevant, sondern es komme auch auf deren „dramaturgisch­<br />

narrative[n] Kontexte[n]“ <strong>und</strong> die „je spezifische Bedeutung der <strong>Gewalt</strong>inszenie­<br />

rung“ an (Hausmanninger 2002, S. 245).<br />

Ob Rezipienten Vergnügen beim Konsum z. B. von Action <strong>und</strong> Horror empfinden, bzw.<br />

auf welcher Form der Funktionslust ein solches Vergnügen basiert, hängt nach Haus­<br />

manninger auch von der Vertrautheit mit dem jeweiligen Genre ab (vgl. dazu auch<br />

Kapitel 3.4.2.8, 3.4.3.1). Wer die entsprechenden Darstellungsformen nicht kenne, rea­<br />

giere aus „Verständnismangel“ (Hausmanninger 2002, S. 245) oft mit Unlust <strong>und</strong> Ableh­<br />

nung. Gelegentliche Rezipienten entsprechender Genres suchten v. a. nach sensomoto­<br />

rischer <strong>und</strong> emotionaler Anregung. Bei Intensivnutzern verschiebe sich die Funktionslust<br />

auf die kognitive Ebene (z. B. Erkennen der typischen Machart <strong>und</strong> Schemata der Filme<br />

eines Genres). Im Verständnis Hausmanningers (2002, S. 245) führt die intensive Nutzung<br />

von <strong>Gewalt</strong>filmen nicht zu einer Abstumpfung <strong>und</strong> Verrohung, wie sie die Habitualisie­<br />

rungsthese postuliert (vgl. Kapitel 2.2, 3.3.2), „sondern vielmehr zur Suche nach diffe­<br />

renzierterer Anregung <strong>und</strong> zunehmender Bedeutung der kognitiven Ebene sowie des<br />

metatextuellen Vergnügens [...].“<br />

Hausmanninger schließt nicht aus, dass <strong>Gewalt</strong>darstellungen über die zweckfreie Rezep­<br />

tion <strong>und</strong> die Funktionslust hinaus auch weitere Funktionen erfüllen können (z. B. Stim­<br />

mungsmanagement, Angstbewältigung, Entwicklung sozialer Identität usw.), sieht in<br />

dieser „lebensweltlichen Verzweckung“ (Hausmanninger 2002, S. 231) jedoch Sek<strong>und</strong>är­<br />

funktionen. Auch diese Theorie leidet – neben einer äußerst komplizierten <strong>und</strong> dabei<br />

oft unpräzisen Formulierung – darunter, dass sie mehr auf Behauptungen als auf<br />

einem empirischen F<strong>und</strong>ament beruht.<br />

3.2.3 Evolutionstheoretische Ansätze<br />

Ebenfalls eher auf Vermutungen basiert die evolutionstheoretisch begründete Annahme,<br />

dass der Reiz des Neuen <strong>und</strong> Ungewöhnlichen für die Zuwendung zu <strong>Gewalt</strong>inhalten<br />

verantwortlich sei. 64 Patti M. Valkenburg <strong>und</strong> Joanne Cantor (2000, S. 147) sprechen von<br />

einer entwicklungsgeschichtlich bedingten „morbiden Neugierde“ („morbid curiosity“),<br />

die von Gefahr, Verletzung <strong>und</strong> Tod ausgehe. In ähnlicher Weise nimmt z. B. Clark<br />

McCauley (1998) an, dass die Verletzung sozialer Normen, die mit <strong>Gewalt</strong>darstellungen<br />

64 Demnach hatten diejenigen die besten Überlebenschancen, die Neues in ihrer Umgebung am schnellsten<br />

identifizierten. ➔<br />

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