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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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werden konnten. Dazu gehört auch eine ausführlichere Auswertung der <strong>Gewalt</strong>darstel<br />
lungen im Kinderprogramm. 31 Wilson u. a. (2002) kamen zu dem Schluss, dass deutlich<br />
mehr Kindersendungen als nicht für Kinder gedachte Sendungen physische <strong>Gewalt</strong><br />
enthielten (69 % vs. 57 %) <strong>und</strong> im Kinderprogramm auch eine deutlich höhere Anzahl von<br />
violenten Interaktionen pro St<strong>und</strong>e aufzufinden war (14,1 vs. 5,6 violente Interaktionen).<br />
Die Darstellung der Täter im Kinderprogramm unterschied sich nicht sehr von der Dar<br />
stellung in anderen Programmteilen, allerdings waren die Täter selten menschliche<br />
Wesen <strong>und</strong> häufiger vermenschlichte Gestalten. Die Autoren sehen darin keinen Schutz<br />
vor negativen Effekten, da jüngere Kinder noch nicht richtig zwischen Fiktion <strong>und</strong> Reali<br />
tät unterscheiden könnten <strong>und</strong> daher auch Fantasiewesen nachahmen würden. Darüber<br />
hinaus wurden <strong>Gewalt</strong>täter im Kinderprogramm deutlich häufiger materiell oder durch<br />
Lob belohnt als im übrigen Programm (32 % vs. 21 % der Szenen). Was die Darstellung der<br />
Opfer betrifft, wurden im Kinderprogramm weniger Zeichen von Verletzung oder<br />
Schmerzen gezeigt. Der Anteil der violenten Interaktionen, in denen kein Schmerz bzw.<br />
keine Verletzung des Opfers gezeigt wurden, betrug im Kinderprogramm 63 % bzw. 67 %,<br />
im Nicht-Kinderprogramm dagegen 51 % bzw. 43 %. Unrealistisch geringe Konsequenzen<br />
eines <strong>Gewalt</strong>akts wurden in 66 % der violenten Interaktionen im Kinderprogramm, aber<br />
nur in 26 % der Interaktionen in anderen Programmteilen dargestellt. Langfristige Konse<br />
quenzen von <strong>Gewalt</strong> schließlich zeigten nur 3 % der Kindersendungen gegenüber 25 % der<br />
anderen Sendungen. Wie Wilson u. a. feststellten, ist der Gr<strong>und</strong> hierfür nicht darin zu<br />
suchen, dass Kinderprogramme weniger ernste Formen von <strong>Gewalt</strong> enthielten. Aller<br />
dings erschien <strong>Gewalt</strong> im Kinderprogramm deutlich häufiger in einem humorvollen<br />
Kontext (Kinderprogramm 76 % vs. Nicht-Kinderprogramm 24 %). Während diese Bef<strong>und</strong>e<br />
für besonders negative Effekte des Kinderprogramms sprechen, gibt es auch zwei gegen<br />
läufige Ergebnisse: So wurden seltener Waffen gezeigt (9 % der violenten Interaktionen<br />
im Kinderprogramm vs. 31 % im Nicht-Kinderprogramm), <strong>und</strong> Blut <strong>und</strong> W<strong>und</strong>en waren<br />
deutlich seltener zu sehen (1 % vs. 21 % der violenten Szenen). 32 Dennoch bewerten die<br />
Verfasser Kindersendungen in vieler Hinsicht als problematischer als Nicht-Kindersen<br />
dungen, denn sie enthielten insgesamt mehr <strong>Gewalt</strong>, die ähnlich oft verherrlicht <strong>und</strong> als<br />
attraktiv dargestellt, darüber hinaus aber zudem verharmlost werde, was die Gefahr des<br />
Erlernens violenter Verhaltensweisen sowie das Risiko von Desensibilisierungseffekten<br />
erhöhe.<br />
Allerdings muss zwischen verschiedenen Arten von Programmen unterschieden werden.<br />
Wilson u. a. differenzierten fünf Genres („Slapstick“, „Superhelden“, „Mystery/Abenteu<br />
er“, „Soziale Beziehungen“, „Magazine“). Slapstick- <strong>und</strong> Superheldenprogramme erwie<br />
sen sich dabei als die bedenklichsten Genres, da sie sehr hohe <strong>Gewalt</strong>anteile enthielten.<br />
In Slapstick-Programmen wurde <strong>Gewalt</strong> als „saubere“ <strong>Gewalt</strong> dargestellt <strong>und</strong> trivialisiert,<br />
in Superhelden-Programmen dagegen verherrlicht. Als fast gänzlich gewaltfrei erwiesen<br />
sich „Magazine“ wie die „Sesamstraße“. Einen geringen <strong>Gewalt</strong>anteil wiesen auch die<br />
31 Hier (Wilson u. a. 2002, S. 12) definiert als „those shows that were originally produced and primarily intended<br />
for audiences of children aged 12 and below.“ Die folgenden Aussagen beruhen auf den Daten für das<br />
zweite Jahr der NTVS (1995/96).<br />
32 Zur ambivalenten Einschätzung dieses Kontextfaktors vgl. Kapitel 3.4.2.1, 3.4.2.4. ➔<br />
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