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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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3.5.3 Meta-Analysen<br />
Seit 1998 sind zwei neue Meta-Analysen erschienen: Matthew Hogben (1998) unter<br />
suchte Studien mit verschiedenen Operationalisierungen von Aggression (aggressives<br />
Verhalten, aggressive Einstellungen, aggressive Persönlichkeit), während sich bisheri<br />
ge Meta-Analysen zumeist auf Untersuchungen beschränkt haben, in denen violentes<br />
Verhalten erhoben wurde. Hogben bezog allerdings nur Studien ein, die den Konsum<br />
von Fernsehgewalt unter natürlichen Bedingungen untersucht haben, <strong>und</strong> schloss<br />
solche aus, in denen diese Variable kontrolliert oder manipuliert wurde. Insgesamt<br />
gingen 30 zwischen 1958 <strong>und</strong> 1992 veröffentlichte Studien mit 56 Zusammenhangsma<br />
ßen in seine Untersuchung ein. Über alle Studien hinweg fand Hogben, dass Fernsehge<br />
walt mit einem kleinen Anstieg der Aggression beim Rezipienten einherging. 208<br />
Außerdem stellte Hogben fest, dass die Effektgröße mit dem Publikationsjahr der Studie<br />
anstieg, allerdings ab 1980 stagnierte. Hogben erklärt den Anstieg des Effekts mit dem<br />
zunehmenden <strong>Gewalt</strong>gehalt des Fernsehens, vermutet aber, dass ein (1980 eingetrete<br />
ner) „Deckeneffekt“ existiert, an dem die Effektstärke ihr Maximum erreicht <strong>und</strong> auch<br />
durch eine weitere Zunahme der <strong>Gewalt</strong>exposition nicht mehr gesteigert wird. Diese<br />
Interpretation ist allerdings insofern mit Vorsicht zu behandeln, als sie voraussetzt, dass<br />
die Probanden in den nach 1980 erschienenen Studien tatsächlich einem höheren Ge<br />
waltgehalt ausgesetzt waren als die Teilnehmer an den älteren Untersuchungen.<br />
Eine Betrachtung der nach 1980 erschienenen Untersuchungen ergab außerdem, dass<br />
die Effekte für Kinder stärker ausfielen als für Erwachsene. Darüber hinaus analysierte<br />
Hogben auch den Einfluss von drei <strong>Medien</strong>inhaltsvariablen auf die Effektstärke (vgl.<br />
dazu ausführlicher Kapitel 3.4.2). Dabei stellte sich heraus, dass als gerechtfertigt<br />
dargestellte <strong>Medien</strong>gewalt eine stärkere Wirkung hatte als <strong>Medien</strong>gewalt, die als nicht<br />
gerechtfertigt präsentiert wurde. Studien, die unrealistische (d. h. unrealistisch gerin<br />
ge oder gar keine) Konsequenzen von <strong>Gewalt</strong>handlungen zeigten, stellten stärkere<br />
Effekte fest als solche, in denen die Konsequenzen von <strong>Gewalt</strong> in angemessener, d. h.<br />
realistischer Weise zu sehen waren. Nicht ganz unabhängig von den dargestellten<br />
Konsequenzen ist die dritte von Hogben untersuchte Inhaltsvariable, die sich darauf<br />
bezieht, wie realistisch das Umfeld der <strong>Gewalt</strong>darstellung ist, d. h. ob <strong>Gewalt</strong> etwa in<br />
Science Fiction-Filmen oder Cartoons oder in realistischeren Formaten präsentiert<br />
wird. Hierbei stellte sich heraus, dass unglaubhafte <strong>Gewalt</strong>situationen stärkere Effekte<br />
bewirkten als realistischere. Dieses Ergebnis widerspricht allerdings völlig den in ande<br />
ren Studien erzielten Bef<strong>und</strong>en, die auf eine stärkere Wirkung realitätsnah dargestell<br />
ter <strong>Gewalt</strong> hinweisen (vgl. dazu Kapitel 3.4.2.6). 209<br />
208 Der Wert von d = 0,21 entspricht r = 0,11 (vgl. Comstock/Scharrer 2003, S. 208) <strong>und</strong> ist damit als gering einzustufen<br />
(vgl. dazu Fußnote 211).<br />
209 Hogben (1998, S. 225f.) argumentiert: „Televised aggression that is portrayed in implausible situations<br />
(e.g., science fiction) or with implausible characters (e.g., cartoon characters) is seen as less believable by<br />
viewers and as less serious [...]. Given this situation, televised aggression in implausible settings should be<br />
more strongly associated with viewer aggression than when it is in plausible settings.“ Die Logik dieser<br />
Argumentation wird allerdings nicht weiter begründet <strong>und</strong> erschließt sich nicht. Auch über Gründe für<br />
das Zustandekommen des Ergebnisses der Meta-Analyse lässt sich auf Basis der Publikation von Hogben<br />
wegen der mangelnden Nachvollziehbarkeit des Vorgehens keine Aussage treffen. ➔<br />
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