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Übersicht <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> Werbung<br />
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beworbene Marke heraussuchen sollten. Einen Tag später wurden die Probanden<br />
telefonisch kontaktiert <strong>und</strong> sollten sich erneut an die neun beworbenen Marken erin<br />
nern. Unabhängig von Alter <strong>und</strong> Geschlecht konnten die Zuschauer der neutralen<br />
Sendung die beworbenen Marken sowohl unmittelbar nach dem Versuch als auch<br />
24 St<strong>und</strong>en später besser erinnern als die Zuschauer der gewalthaltigen Sendung <strong>und</strong><br />
der Sendung mit sexuellem Inhalt, wobei zwischen diesen beiden Programmtypen<br />
keine Unterschiede bestanden. 315 Das Ergebnis war nicht davon abhängig, als wie<br />
aufregend oder langweilig das Programm empf<strong>und</strong>en worden war.<br />
Bushman <strong>und</strong> Bonacci nehmen an, dass sexuelle <strong>und</strong> violente Inhalte die Aufmerksam<br />
keit der Rezipienten binden <strong>und</strong> auf diese Weise die Aufmerksamkeit reduzieren, mit<br />
der die Zuschauer die Werbespots wahrnehmen. Auch könnte es sein, dass die entspre<br />
chenden Inhalte im Zuge eines Priming-Prozesses (vgl. Kapitel 3.3.5) sexuelle bzw.<br />
violente Gedanken auslösen, die ebenfalls von der Rezeption der Werbespots ablen<br />
ken. Allerdings wurden weder die Aufmerksamkeit noch die Gedanken der Rezipien<br />
ten erhoben. Unklar ist auch, ob die schlechtere Werbeerinnerung auf ein Wahrneh<br />
mungs- oder ein Erinnerungsdefizit zurückzuführen ist. Hier sind noch weitere Unter<br />
suchungen erforderlich.<br />
Ein Kritikpunkt an der Studie von Bushman <strong>und</strong> Bonacci liegt darin, dass die Erinne<br />
rungsabfrage der Werbung unmittelbar nach Rezeption die Erinnerung der Versuchs<br />
personen nach 24 St<strong>und</strong>en beeinflusst haben kann („within-subject“-Design). Um eine<br />
gute interne Validität zu gewährleisten, wäre ein „between-subject“-Design, in dem<br />
eine Gruppe unmittelbar nach der Rezeption <strong>und</strong> eine andere Gruppe erst 24 St<strong>und</strong>en<br />
später befragt wird, geeigneter gewesen. Außerdem könnte die Messung von Erregung<br />
<strong>und</strong> Emotionen neue Erkenntnisse erbringen. Zusätzlich findet die Tatsache, dass<br />
Individuen verb<strong>und</strong>ene Informationen besser erinnern als unverb<strong>und</strong>ene, in der Stu<br />
die keine Berücksichtigung, denn im Falle des gewalthaltigen <strong>und</strong> sexuellen Program<br />
mumfeldes waren Fernsehprogramm <strong>und</strong> Werbeinhalt inkonsistent. Bushmans Ergeb<br />
nissen zufolge scheint sich jedenfalls auch die Werbung in sexuellem Programmum<br />
feld für Werbek<strong>und</strong>en nicht zu rentieren.<br />
Zusammenfassung:<br />
Die Forschung zum Einfluss gewalthaltiger Programme auf die Werbeerinnerung<br />
steht insgesamt noch am Anfang. Bisher vorliegende Ergebnisse deuten jedoch<br />
darauf hin, dass ein violentes Programmumfeld die Werbeerinnerung verschlechtert.<br />
Auf welchem Wege dieser Effekt entsteht, bedarf noch der weiteren Untersuchung.<br />
Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass es sich hierbei um eine indirekte Wirkung<br />
handelt, die durch medieninduzierte negative Stimmungen zustande kommt.<br />
315 Der Zusammenhang (Durchschnitt der abhängigen Variablen) betrug für <strong>Gewalt</strong> r = –0,27, für Sex r = –0,32<br />
<strong>und</strong> war damit etwas stärker als der von Bushman <strong>und</strong> Phillips (2001) in ihrer Meta-Analyse konstatierte<br />
durchschnittliche Zusammenhang. ➔<br />
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