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Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

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Portfolio in der Waldorfschule<br />

Eine zweite elementare Beobachtung zum Lernen kratzt schon ein wenig an einem<br />

landläufigen Lernverständnis: Lernen ist keineswegs identisch mit der „Aufnahme und<br />

dem Behalten von Wissen“, wie man das oft hören kann, sondern lernen ist viel, viel<br />

mehr: Abgesehen von einigen biologischen Grundfunktionen müssen Menschen so<br />

ziemlich alles lernen, was ihr Leben prägt und trägt, um in ihrer Umwelt leben und<br />

handeln zu können: Das Wenigste können sie von Geburt aus, das Meiste – gehen,<br />

sprechen, Fahrradfahren, mit ihren Gefühlen umgehen, soziale Beziehungen<br />

aufnehmen, Essen zubereiten, Konflikte lösen, sich angemessen anziehen, rechnen,<br />

flirten, zuverlässig sein, sich ausdrücken, einen Computer bedienen, die eigenen<br />

Körper- und Willensfunktionen steuern, die eigenen Einstellungen und Haltungen zu<br />

Leben und Umwelt entwickeln und aktiv gestalten, sein eigenes Leben in die Hand<br />

bekommen und unendlich viel mehr – müssen sie sich im Laufe ihres Lebens erst<br />

aneignen, d.h. eben: lernen. Selbst die eigene Identität ist Ergebnis eines (längeren)<br />

Lernprozesses. Lernen ist also eigentlich, ganz allgemein gefasst, der Prozess der<br />

Selbstwerdung und Selbstentwicklung <strong>des</strong> Menschen. Hinter jeder Veränderung der<br />

Person (nicht: ihres körperlichen Zustands) steckt ein – bewusster oder unbewusster,<br />

gewollter oder nicht gewollter – Lernvorgang, mit dem sich der Mensch an<br />

Forderungen und Bedingungen seiner Umwelt anpasst und dadurch sich selbst prägt,<br />

formt und hervorbringt. Wir lernen also nicht nur, indem wir Wissen aufnehmen,<br />

sondern auch alle Fertigkeiten, Handlungen, Fähigkeiten, inneren Haltungen,<br />

Beziehungen und Selbstbilder müssen gelernt werden und sind Produkte von<br />

Lernprozessen.<br />

So natürlich auch das, was wir „Kompetenzen“ nennen – zu welcher Definition wir auch<br />

immer greifen (s.o.).<br />

Wie geht aber nun dieses Lernen von Handlungen, inneren Einstellungen, von<br />

Kompetenzen vor sich? Wie bildet sich (souveränes) Können?<br />

Um neu oder verändert zu handeln, genügt es offenbar nicht, lediglich neues Wissen<br />

und Denken aufzunehmen und zu üben. Etwas praktisch tun zu lernen –<br />

Fahrradfahren, kundenorientiert beraten, soziale Konflikte lösen usw. –, geht nicht<br />

einfach über den „Kopf“. Der Glaube an die Kraft der Vernunft ist ehrenwert (und<br />

unverzichtbar), aber nicht ausreichend, um zu verstehen, wie Handlungen gelernt<br />

werden. Weder kann man etwas schon, wenn man es weiß oder durchdacht hat – auch<br />

wenn man erkannt hat, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist, kann man es noch<br />

lange nicht sein lassen –, noch weiß und kennt man alles, was man kann – offenbar<br />

können viele Menschen ihre Muttersprache grammatisch richtig sprechen, ohne die<br />

grammatischen Regel bewusst anzuwenden oder sie auch nur zu kennen. Handlungen<br />

lernt man also nicht einfach dadurch, dass man sie erklärt bekommt: Man kann sich<br />

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