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Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

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Portfolio in der Waldorfschule<br />

Meisters soll motivieren, die Lernhaltung ist traditionell, nachahmend. Der Lernweg<br />

führt von Nachmachen über das Üben <strong>zur</strong> Selbständigkeit.<br />

Der Portfolio-Prozess verfolgt ein anderes Muster: Ausgangspunkt und Subjekt in<br />

dem Prozess ist der Schüler. Er findet ‚sein Motiv‘ für sein Lernen, er findet sich selbst,<br />

sein Eigenes. Der Lernweg wird individualisiert, er ist vom Schüler gesteuert. Ziel <strong>des</strong><br />

Lernens in der Schule ist nicht Könnerschaft (wie im Handwerkslernen), sondern<br />

Persönlichkeitsbildung, das exemplarische Lernen von Lernwegen und<br />

Lernfähigkeiten.“ 21<br />

Eine lange Diskussion fand darüber statt, ob ein Lernen in handwerklichen Fächern mit<br />

der pädagogischen Haltung verknüpft werden könne, die für den Portfolioprozess als<br />

notwendig angesehen wurde. Die Handwerkslehrer hatten hieran – wie sich in Zukunft<br />

zeigen sollte durchaus berechtigt – ihre Zweifel. Ein Unterricht, der darauf setzt, dass<br />

sich „reflexive Schleifen“ entwickeln und in Portfolios der Schüler niederschlagen,<br />

unterstellt einen Lehrer, der sich <strong>zur</strong>ücknimmt. Ein solcher Unterricht fordert vom<br />

Lehrer, dass er den Lern- und Erkenntnisprozessen der Schüler Raum lässt und sich<br />

darin <strong>zur</strong>ückhält, seine größere Könnerschaft vorzuführen und auszuspielen. Dies<br />

widerspricht einem Unterrichtsansatz, der im Bild von Meister und Lehrling gefasst ist<br />

und an dem sich die Krefelder Handwerkslehrer stillschweigend noch orientierten 22 :<br />

Hier kann der Meister alles besser und der Lehrling lernt dadurch, dass er dem Meister<br />

zuschaut, ihm nacheifert, übt, von ihm Hinweise über die „richtigen Verfahren“ erhält.<br />

Selbstverständlich könnte auch ein Lernprozess, der über den Unterweisungsstil<br />

angestoßen wird und in Gang kommt, Gegenstand einer Portfoliobetrachtung sein –<br />

allerdings müsste der Handwerkslehrer spätestens dann aus seiner „Meisterrolle“<br />

heraustreten, den Schüler <strong>zur</strong> Eigenreflexion ermutigen und freilassen – und alle<br />

Reflexionsergebnisse rückhaltlos akzeptieren, auch dann, wenn sie ihm vielleicht<br />

weniger gut gefallen. Praktisch, so wird deutlich, verlangt diese theoretische<br />

Möglichkeit vom Handwerkslehrer also die Bereitschaft zu einem ständigen<br />

Rollenwechsel, der auch für den Schüler irritierend sein kann.<br />

21<br />

Protokoll eines Unterrichtsbesuchs durch das Evaluationsteam in Krefeld am 2.6.05, nicht<br />

veröffentlicht.<br />

22<br />

Auch im Handwerk sind hier heute durchaus bereits methodische Alternativen zum<br />

Unterweisungsstil verbreitet, bei denen die Auszubildenden selbstgesteuert lernen und der<br />

Meister eher als Lernbegleiter agiert; berufspädagogisch handelt es sich bei der in Krefeld<br />

praktizierten 4-Stufen-Methode um einen veralteten Ansatz, der auf nicht mehr zeitgemäße<br />

Kompetenzen (wie etwa Regeltreue, Gehorsam, Bindung an die Tradition usw.) abzielt –<br />

Handlungsorientierungen, die im Grunde auch mit dem pädagogischen Selbstverständnis der<br />

Waldorfschule nicht vereinbar sind.<br />

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