27.10.2013 Aufrufe

Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Portfolio in der Waldorfschule<br />

dass manche Lehrer erst einmal gar nicht merkten, dass sie hier ein Problem haben,<br />

und erst mehrfach scheitern mussten, bevor sie bereit waren, sich in den Ansatz der<br />

Portfolioarbeit hineinzudenken. Typisch vielleicht hier ein Missverständnis, das lange<br />

die Bochumer Arbeit am Abschlussportfolio belastete: Hier waren die Lehrer ganz<br />

selbstverständlich und lange Zeit davon ausgegangen, dass das Abschlussportfolio in<br />

einer Sammlung konventioneller Zeugnisse und Beurteilungen <strong>des</strong> Schülers durch die<br />

Lehrer besteht, und sie fielen aus allen Wolken, als ihnen klar wurde, dass dies mit<br />

Kompetenzportfolios (und ihren eigenen damit verbundenen Zielen) nichts zu tun hat.<br />

Neben der Neigung, immer alles, was ein Schüler tut, beurteilen zu wollen, gibt es<br />

auch die der nüchternen Portfolioarbeit ebenso abträgliche Neigung der Lehrer,<br />

Handlungen und vor allem Personen (Schüler) ständig bewerten, vergleichen und<br />

moralisch einordnen zu wollen. Handlungskompetenzen haben irgendwo eine<br />

Berührung mit „Tugenden“, und diese bilden in Form von Kopfnoten offenbar den<br />

lebhaftesten Erfahrungsbezug von Lehrern zum Gebiet der Handlungsfähigkeiten.<br />

Dass Fähigkeiten bzw. Kompetenzen auch einfach <strong>des</strong>kriptiv, also ohne Bewertung<br />

erfasst werden können, muss erst gründlich geübt werden und ist für sehr viele Lehrer<br />

eine neue Perspektive.<br />

Bei den Lehrern sind immer wieder zwei Extreme zu beobachten:<br />

Zum einen bleiben sie der Sachebene einer Handlung so eng verhaftet, dass<br />

sie nicht <strong>zur</strong> Kompetenzebene durchstoßen können: Sie beurteilen stets das<br />

Sachergebnis der Handlung, stellen aber nie die Frage, welchen Aufschluss die<br />

Handlung und ihr Ergebnis über die Kompetenzen <strong>des</strong> Schülers liefert; hier<br />

bleiben sie ebenso der platten Vordergründigkeit verhaftet wie die Schüler (beim<br />

Hobeln lernt man Hobeln).<br />

Zum anderen beurteilen sie gerne und ausdauernd die Person <strong>des</strong> Schülers,<br />

seine persönlichen Eigenschaften, seine Charakterzüge, seine Neigungen usw.<br />

– nur nicht seine Fähigkeiten! Es werden schwierigste Spekulationen angestellt<br />

über das Innenleben eines Schülers. Nur zu beschreiben, was dieser Schüler<br />

persönlich wirklich gut kann oder was er weniger gut kann, fällt vielen Lehrern<br />

erstaunlich schwer.<br />

Am auffallendsten ist immer wieder die Verwechslung von persönlichen Eigenschaften<br />

mit Kompetenzen und der immer wiederholte, geradezu rückfallartige Rückgriff auf<br />

solche Eigenschaften (z. B. „zuverlässig“), die sich natürlich gut in persönlichen<br />

Zeugnissen machen, aber nicht <strong>zur</strong> Kompetenzen beschreibenden und vorsichtig<br />

herausarbeitenden Portfolioarbeit passen. Das alles zeigt: Im allgemeinen haben<br />

unsere Lehrer keinen Begriff von Kompetenz gehabt, und es gibt keinen Anlass zu der<br />

238

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!