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Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

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Portfolio in der Waldorfschule<br />

Zwar ist es richtig (und unabdingbar), dass die Schüler ihre Portfolios selbst schreiben,<br />

aber das entlastet den Lehrer nur partiell: Er muss sich nämlich immer darüber klar<br />

sein, dass die Anfertigung eines Portfolios in der Schule immer ein Lern- und<br />

Bewusstseinsbildungsprozess <strong>des</strong> Schülers ist, der pädagogisch begleitet werden<br />

muss. Das bezieht sich zum einen auf die äußere bzw. sprachliche Form, das bezieht<br />

sich aber natürlich genau so auf die Gegenstände und vor allem auch auf die<br />

Ergebnisse der Lernreflexion. Die Lehrer können die Schüler hier nicht einfach sich<br />

selbst überlassen, sondern sie müssen diesen Prozess relativ eng begleiten (wenn<br />

auch – wie oben ausgeführt – aus der nötigen taktvollen Distanz <strong>des</strong> Lernbegleiters).<br />

Dazu müssen die Lehrer selbst in allen Fragen <strong>des</strong> Portfolio sicher sein und klare<br />

Rückmeldungen zu den Versuchen der Schüler geben können, ohne diesen das Heft<br />

aus der Hand zu nehmen. Vielleicht hilft die Vorstellung, dass ein Portfolio so etwas<br />

wie eine eigene literarische Gattung ist (neben Sachbericht, Besinnungsaufssatz,<br />

Erörterung usw.). Portfolios könnten dann erst einmal im Deutschunterricht geübt<br />

werden. Das betrifft hauptsächlich die Sprachform und den Wortschatz. Aber auch die<br />

Lernreflexion selbst muss geübt und gelernt werden. Das kann sich nicht auf ein<br />

bestimmtes Fach beziehen, sondern das sollte am besten ab einer bestimmten Alters-<br />

bzw. Klassenstufe Stil der ganzen Schule sein, also eigentlich jeden Unterricht<br />

betreffen: Was haben wir getan, und was haben wir daran gelernt bzw. was hat sich<br />

schon als vorhandenes Können gezeigt? Diese grundlegende Übung sollte regelmäßig<br />

gepflegt werden – nach jedem größeren Schritt oder am Ende jeder Epoche bzw.<br />

min<strong>des</strong>tens am Ende eines Schuljahres.<br />

Schließlich brauchen die Schüler einen Gesprächspartner <strong>zur</strong> unmittelbaren<br />

Verarbeitung ihrer konkreten Lernerfahrungen, die in den Portfolios beschrieben<br />

werden. Hier werden die begleitenden Lehrer in erster Linie dafür zu sorgen haben,<br />

dass die Portfolios nicht zu platt bleiben bzw. dass die Schüler sich nicht zu früh<br />

geschlagen geben, sondern in die Tiefe ihrer Lernerlebnisse bohren. Was ist ihnen klar<br />

geworden, wo sind sie an Grenzen gekommen, wo haben sie Widerstände, Konflikte,<br />

Unsicherheiten usw. gespürt? Wie haben sie komplizierte Situationen bewältigt? Und<br />

was alles konnten sie dabei über sich selbst und ihre Fähigkeiten erfahren? Hier geht<br />

es sehr schnell um sehr persönliche Fragen, und der Lehrer kommt leicht in die Rolle<br />

eines Coach, ja eines persönlichen Beraters. Plötzlich geht es wirklich um diesen<br />

einzelnen Schüler und seine Individualität. Dies wäre eine Situation, die gerade an<br />

Waldorfschulen sehr oft beschworen wird, vor der aber dann, wenn sie wirklich eintritt,<br />

viele Lehrer immer wieder <strong>zur</strong>ückschrecken, weil sie die Nähe und Intimität, die damit<br />

verbunden ist, nicht aushalten. Es war bezeichnend und bewegend, wie die Bochumer<br />

Lehrer von ihren ersten Lernbegleitgesprächen berichteten und bekannten, dass sie in<br />

ihrer bisherigen Lehrerlaufbahn ihren Schülern noch nie so persönlich nahe gekommen<br />

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