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Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

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Portfolio in der Waldorfschule<br />

Vermutung, Portfolioarbeit könne die unserem Schulsystem innewohnende einseitige<br />

Bevorzugung theoretisch begabter Kinder ausgleichen, weil sie ja das Potential hat,<br />

gerade auch die hinter praktischen Tätigkeiten stehenden Kompetenzen sichtbar zu<br />

machen. Im Prinzip ist das wohl auch richtig. Aber in der Praxis droht dies gerade<br />

daran zu scheitern, dass die sogenannten „schwächeren Schüler“ nun einmal noch<br />

weniger als ihre schulleistungsstarken Mitschüler die für die Portfolioarbeit nötigen<br />

intellektuellen und sprachlichen Kompetenzen mitbringen (und <strong>des</strong>halb, wie wir etwa in<br />

Krefeld sahen, das Portfolio-Ansinnen mit seinen sprachlichen und schriftlichen<br />

Anforderungen massiv ablehnen). Darin liegt eine Logik, die einer gewissen Tragik<br />

nicht entbehrt. Die allesamt als gescheitert anzusehenden Bemühungen in Krefeld sind<br />

dafür ein trauriges Zeugnis, und auch die Portfolios von Velbert zeigen, wie schnell<br />

Schüler, die über eine weniger elaborierte Sprache verfügen, hier an Grenzen stoßen.<br />

Wir müssen also sagen, dass es innerhalb <strong>des</strong> Projekts nicht gelungen ist, einen<br />

gangbaren Weg zu finden, wie schwächere Schüler an die Portfolioarbeit – die für ihr<br />

Selbstbewusstsein und ihr Selbstbild so wichtig wäre – herangeführt werden können.<br />

Insbesondere ist es nicht gelungen, ihr Verständnis für die verallgemeinerungsfähigen<br />

Kompetenzen „hinter“ der platten Fachlichkeit – zum Hobeln muss man hobeln können<br />

– zu wecken. Das hatte z. T. etwas damit zu tun, dass dieser Ebenenwechsel auch für<br />

ihre Lehrer und Ausbilder nur schwer mitzuvollziehen war. Leider muss man sagen,<br />

dass im Rahmen <strong>des</strong> Projekts sich kein Weg gezeigt hat, wie man diesen Schülern<br />

einen möglichst „papierarmen“, weniger an eine elaborierte Sprache gebundenen<br />

Zugang zu diesen Fragen erschließen könnte. Selbstverständlich können wir daraus<br />

nicht schließen, dass dies prinzipiell unmöglich ist. Aber sicherlich muss an dieser<br />

Stelle noch viel eigenständige Forschungsarbeit geleistet und möglicherweise mit ganz<br />

anderen Designs gearbeitet werden, die sich speziell für benachteiligte Schüler eignen<br />

(was <strong>zur</strong> Zeit an anderen Orten der Fall ist). Entsprechende Erfahrungen aus anderen<br />

noch laufenden Projekten müssen verfolgt werden.<br />

6.2.2.3. Für wen werden die Portfolios eigentlich geschrieben?<br />

Wie es „zu platte“ Portfolios ohne lernbezogenen Erkenntnisgewinn gibt, so gibt es<br />

auch vereinzelt (manchmal etwas peinliche) Portfolios, die für ihre Autoren zum<br />

Medium der Selbstdarstellung von Befindlichkeiten und Gefühlen oder von Eitelkeiten<br />

wurden. Auch in diesen Fällen wird nicht nüchtern der Lernprozess reflektiert, sondern<br />

die Gelegenheit ergriffen, den Lesern klar zu machen, wie toll die Verfasser doch<br />

eigentlich sind. Das wäre ja durchaus im Sinne der Portfolioarbeit, wenn es sorgfältig<br />

aus Tätigkeiten begründet würde, und dann könnte man sich auch hoch interessante<br />

Diskussionen mit Lehren vorstellen, von denen sich ein Schüler nicht richtig gesehen<br />

weiß. Genau diese sorgfältige Gedankenführung fehlt aber in den genannten Fällen.<br />

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