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Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

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Portfolio in der Waldorfschule<br />

Beim Portfolio geht es also nicht um die Qualitätskontrolle <strong>des</strong> Lehrens (Ziele<br />

erreicht?), sondern um die Freiheit und grundsätzliche Akzeptanz <strong>des</strong> Lernens. Der<br />

Lehrer soll helfen, dass der Schüler seine Lernerträge – woher auch immer er sie<br />

bezieht – einfahren, d. h. sie reflektieren, sich bewusst machen und sie dokumentieren<br />

kann. Er soll sie aber nirgends beurteilen, und er kann sie auch nicht ohne weiteres<br />

Lernzielkatalogen und Lernstandards gefügig machen – es sei denn, er zeigt dem<br />

Schüler, wie man das, was dieser gelernt hat, solchen Taxonomien nachträglich<br />

zuordnen kann. Dann werden Lernziele aber von Größen, die das Lerngeschehen<br />

organisieren sollen, zu Referenzsystemen für das Lernen – und damit zu etwas, das<br />

durchaus sinnvoll sein kann. Über diesen Umweg kann der Lehrer dann, wenn er den<br />

Portfolioprozess nur intensiv genug fördert, schließlich sogar Rückmeldungen über<br />

seine eigene Arbeit bekommen, indem er verfolgen kann, wie sich das, was er durch<br />

seine Aufgabenstellungen veranlagt hat, im verzweigten Netz <strong>des</strong> Lernens ausgewirkt,<br />

welche Früchte es getragen hat.<br />

Portfolioarbeit bedeutet Kontrollverlust für die Lehrer, und das müssen sie erst einmal<br />

verstehen, akzeptieren und verarbeiten. Portfolioarbeit kratzt ganz entschieden am<br />

angestammten Beurteilungsmonopol der Lehrer, indem ja hier die Schüler ihre eigenen<br />

Lernerfahrungen – eben nicht: beurteilen, sondern: reflektieren und dokumentieren,<br />

und Lehrer dies als Tatsachen hinnehmen müssen, sofern die Ableitung aus den<br />

Tätigkeiten plausibel und die Darstellungen in Übereinstimmung mit der Wahrheit<br />

bleiben. Lehrerkommentare dürfen sich eigentlich – streng genommen – nur auf diese<br />

beiden Aspekte beziehen und eventuell eigene Beobachtungen und<br />

Schlussfolgerungen – als solche gekennzeichnet – hinzutun. Lehrer kommen hier in<br />

die Rolle von Notaren, die Fakten bezeugen, sie aber weder schaffen noch beurteilen.<br />

Mit der Kölner Schule haben wir allerdings auch ein Beispiel, das zeigt, wie dieser<br />

perspektivische Rückzug der Lehrer und ihr geforderter Kontrollverlust falsch<br />

verstanden werden können: Lernbegleitung kann nicht heißen, nun einfach das Feld<br />

den Schülern zu überlassen und alles „basisdemokratisch“ laufen zu lassen, wohin es<br />

will. Lernbegleitung – das muss wirklich allen Lehrern klar sein, die mit dieser neuen<br />

Rolle liebäugeln – ist alles andere als basisdemokratisch, sondern es ist vielmehr eine<br />

Form der Führung, und zwar eine Form, die sehr viel mentale Präsenz verlangt. Diese<br />

Führung arbeitet mit den Kräften, Impulsen, Intentionen der Geführten und lässt sich<br />

selbst von ihnen führen. Aber sie hält sich nicht einfach heraus, sondern sie greift<br />

durchaus und nachhaltig ein, steuert, strukturiert und lenkt die Prozesse bei den<br />

Geführten. Sonst würde Lernen anarchisch. Geführt wird hier eben weniger nach den<br />

eigenen Plänen und Zielen der Führungskräfte, sondern nach den Erfordernissen und<br />

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