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Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

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Portfolio in der Waldorfschule<br />

Anspruch an die Lehrer: sie müssen das Beurteilen und Bewerten sein lassen (und<br />

damit eine ihrer am tiefsten sitzenden, in Fleisch und Blut übergegangenen<br />

Verhaltensdispositionen verändern): Beim Kompetenzportfolio geht es erst einmal nur<br />

um Fakten, Erfahrungen und Feststellungen, es geht um eine analytische Leistung,<br />

nicht um eine Bewertung. Denn es geht darum, erwiesene Fähigkeiten festzustellen<br />

bzw. die Schüler bei dieser Feststellung zu unterstützen – und nicht darum, erbrachte<br />

Leistungen zu beurteilen!<br />

Im Idealfall beschränkt sich der Beitrag <strong>des</strong> Lehrers zum Portfolio auf einen<br />

begleitenden Kommentar, auf eine an Tatsachen orientierte Stellungnahme zu dem,<br />

was der Schüler selbst herausgearbeitet hat. Dabei sollte kein Platz sein für darüber<br />

hinausgehende Meinungen und Beurteilungen durch den Lehrer. Portfolios sind eben<br />

keine klassischen Zeugnisse, in denen der Lehrer zum Richter wird, sondern es sind<br />

auf definierte Tätigkeiten bezogene Lernfeststellungen <strong>des</strong> Schülers, die der Lehrer<br />

nicht verändern, sondern lediglich kommentieren darf. Der Lehrer lehrt und beurteilt<br />

nicht mehr, sondern er schafft – z. T. individuell auf den einzelnen Schüler<br />

zugeschnittene – Situationen für das Lernen, er begleitet das Lernen, er gibt situativ<br />

nötige Hilfen und ist Partner bei der Auswertung. Er wird damit in der Portfolioarbeit<br />

zum „Lernbegleiter“ seiner Schüler – mit der Chance, diese Verhaltensänderung auf<br />

seinen gesamten Unterricht zu übertragen.<br />

Gerade daran, wie schwer dieser Rollenwandel vielen der am Projekt beteiligten Lehrer<br />

gefallen ist 91 , kann man ermessen, wie groß die damit verbundene Chance der Arbeit<br />

mit Kompetenzportfolios für die Schule ist: Im Prinzip enthält die Portfolioarbeit die<br />

Chance, Verkrustungen im Lehrer-Schüler-Verhältnis aufzubrechen, wirkliche<br />

Lernpartnerschaften zu begründen und eine „Begegnung auf gleicher Augenhöhe“<br />

einzuleiten. Die Arbeit mit Portfolios, so zeigen einige geglückte Beispiele ebenso wie<br />

vereinzelte Selbstäußerungen von Lehrern, enthält das Potential für einen veränderten,<br />

weniger direktiven Kommunikationsstil in der Schule, für eine Versachlichung der<br />

Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern und eine Konzentration auf das, was das<br />

„Kerngeschäft“ der Schule ist, nämlich das Lernen der Schüler.<br />

Ganz am fernen Horizont der Portfolioarbeit wird also so etwas wie eine ganz neue<br />

Vision einer Schule sichtbar, in der Schüler ernst genommen und Lehrer ihre Partner<br />

beim Lernen auf allen Ebenen sind – und sonst nichts.<br />

91 Das kommt z. B. in dem „selbstverständlichen“ Ansinnen vieler Lehrer zum Ausdruck, die von<br />

den Schülern erstellten Portfolios benoten zu wollen.<br />

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