Abschlussbericht des Forschungsprojektes zur Entwicklung neuer ...

Portfolio in der Waldorfschule
Im Vergleich zu den Selbstzeugnissen beim Berufsfindungspraktikum und beim
Theaterspielen fällt auf, wie gut es vielen Schülern bei den Reflexionen zur
Jahresarbeit gelingt, ihren Lernprozess und dabei gewonnene Kompetenzen zu treffen.
Das zeigt zum einen, dass viele Schüler dazu offenbar grundsätzlich und auch ohne
systematische Vorbereitung in der Lage sind. Zum anderen kann man vermuten, dass
dieses positive Ergebnis auch eine Folge der bei der Jahresarbeit im Allgemeinen
wesentlich längeren und intensiveren Betreuung des einzelnen Schülers ist und dass
also Kompetenzfeststellung auch eine Frage der Begleitung durch die Lehrer ist.
Wir wollen uns nun noch den Lehrerkommentaren zu den Jahresarbeiten der Schüler
zuwenden.
5.5.3.4. Lehrerkommentare zu den Jahresarbeiten
Wie oben bereits erwähnt, sind die Dokumente zu den Jahresarbeiten die bisher
einzigen aus den Bochumer Abschlussportfolios, in denen der in
Kompetenzfeststellungsverfahren bevorzugte Aufbau 85 realisiert ist. Sie enthalten also
auch einen Lehrerkommentar. Wie sehen diese Lehrerkommentare nun aus?
Sie folgen in der Regel einem bestimmten Aufbau: Es wird nochmals das Thema bzw.
Ziel der Arbeit beschrieben, dabei manchmal auch die Motivation des Schülers
erwähnt. Im Anschluss daran wird beurteilt, inwieweit der Schüler sein Ziel erreicht hat.
Dann werden relativ ausführlich das Vorgehen und einzelne besondere Arbeitsschritte
oder Ereignisse geschildert und es werden einzelne interessante Zwischenergebnisse
hervorgehoben. Dabei wird auch üblicherweise auf den Arbeitsstil und die
Arbeitsmethode eingegangen. Krisen werden erwähnt. Am Ende werden die Arbeit
selbst und die Arbeitsweise und die abschließende Präsentation des Schülers
zusammenfassend bewertet.
Es fällt auf, dass sich die Lehrerkommentare nicht auf die Selbstreflexion des Schülers
beziehen, sondern unabhängige Gutachten – eine Art „Arbeitzeugnis“ – über die
Jahresarbeit und ihren Autor darstellen. Es handelt sich in der Regel um ein eigenes
Lehrergutachten über das Arbeitsergebnis. Die Schülerselbstreflexionen werden in
keinem dieser Gutachten mit einem Wort erwähnt. Wie sinnvoll das aber sein könnte,
zeigt ein Dokument, bei dem die Schülerin in ihrer Selbstreflexion nur sehr kurz
erwähnt, dass versprochene Hilfen ausgeblieben sind, ohne sich darüber weiter
auszulassen. Der Lehrer greift dies in seinem Kommentar – allerdings ohne direkten
85 Kompetenzfeststellung durch den Schüler selbst, zu der es einen zustimmenden oder
relativierenden, ergänzenden oder einschränkenden Kommentar des Lehrers gibt
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