Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel II: Verfahrensrechtliche Aspekte
es jedoch nur selten. 535 Vielmehr legte die Sanktionskommission die früher in Ziff 1.24 der
bis zum 31.3.2010 gültigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen verankerte Kann-Vorschrift
der SIX Swiss Exchange dahingehend aus, dass die Sanktion in Fällen von geringerer Bedeutung
nicht zu veröffentlichen ist, wenn es kein öffentliches Interesse gibt, den Namen des
Teilnehmers zu publizieren 536 , und wenn die Busse an der unteren Grenze des Bussenrahmens
liegt. 537
Der Grund für diese Zurückhaltung ist darin zu sehen, dass aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses
zwischen Finanzintermediär und Anleger der Reputation eines Effektenhändlers
eine noch grössere Bedeutung zukommt, so dass sein privates Interesse an der Geheimhaltung
seiner Verurteilung gross ist. Eine namentliche Bekanntgabe sollte daher nur erfolgen,
wenn es sinnvoll ist, die Allgemeinheit vor einem Teilnehmer und seiner Praxis explizit zu
warnen. 538 Dies wird aber wohl eher selten der Fall sein.
Darüber hinaus kann bei den Regelverstössen eines Teilnehmers/Händlers m.E. nicht von dem
gleich hohen öffentlichen Interesse an einer Publikation ausgegangen werden wie bei den
Emittentenverfehlungen: Durch Verstösse gegen Emittentenpflichten wie die korrekte Darstellung
der Rechnungslegungs- oder der Corporate Governance-Bestimmungen sind die Anleger
wesentlich stärker betroffen; ihnen werden wichtige Informationen über ein Unternehmen
vorenthalten, die u.U. mittel- bis langfristig für eine Unternehmensbeurteilung relevant
sind. Deswegen ist sicherzustellen, dass eine Korrektur erfolgt bzw. potentielle Investoren
über den Fehler Bescheid wissen. Bei der Teilnehmer-Regulierung hingegen ist das Interesse
der Anleger allgemein geringer: Zum einen gehören zum Teilnehmerkreis auch Broker,
Hedge Funds etc, die gar keine Kunden haben; zum anderen handelt es sich bei den Verstössen
von Teilnehmern/Händlern z.T. um Regelwidrigkeiten wie die Unterlassung der Erstellung
eines externen Revisionsberichts, die für Anleger nicht unmittelbar mit Konsequenzen
verbunden sind. In anderen Fällen wurde manipulativ ein falscher Kurs gebildet. Aber auch
dies muss nicht unbedingt Folgen für die Marktteilnehmer haben, in welchem Fall wohl kein
Grund besteht, die Öffentlichkeit über den Verstoss in Kenntnis zu setzen. Um andere Teilnehmer
über die Praxis der SIX Swiss Exchange zu informieren, ist eine Veröffentlichung des
535
Eine Durchsicht der SIX-Medienmitteilungen im Internet (http://www.six-exchangeregulation.com/publications/communiques/media_releases/2012_de.html)
zeigt, dass die letzte Medienmitteilung
betreffend eines Teilnehmers vom 8. Oktober 2009 datiert: Busse von SIX Swiss Exchange und Scoach Schweiz
gegen Flow Traders B.V., Amsterdam.
536 Ein solches ist insbesondere dann als gegeben zu betrachten, wenn es nötig ist, die Öffentlichkeit vor dem
Effektenhändler und seinen Handlungen zu warnen. In diesem Fall rechtfertigt sich eine namentliche Nennung
des Teilnehmers; vgl. auch die Ausführungen in Kap. III Abschnitt G.2e.
537 Entscheid der Sanktionskommission vom 3.11.2011, Verletzung der Marktintergrität, Rz. 23.
538 STRATENWERTH, Strafen, S. 365.
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