Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
Auf der anderen Seite spricht die SIX bei wiederholten Regelverletzungen höhere Strafen
aus. 1211 Die härtere Bestrafung von "Wiederholungstätern" sowie die nachsichtige Behandlung
von "Besserungswilligen" ist m.E. richtig und zielführend; es geht darum, die Regulierten
zu einem transparenzfördernden Verhalten zu motivieren. 1212 Unternehmen, die im Anschluss
an einen Verstoss eine wirksame Compliance-Organisation errichten, zeigen dadurch,
dass sie sich ihrer Verantwortung als Sammelbecken für Insiderwissen und Interessenkonflikte
gegenüber den Anlegern und Kunden bewusst sind 1213 , während Emittenten, die die zu ziehenden
Lehren wieder "vergessen" und z.B. die Schwellenwerte bei den Management-
Transaktionen erneut missachten, zweimal die gleiche Tatsache als nicht kursrelevant betrachten
oder lange versäumte Meldungen nicht aus eigener Initiative, sondern erst nach wiederholter
Aufforderung durch SER, nachholen 1214 , zum Ausdruck bringen, dass sie die Nichteinhaltung
regulatorischer Vorgaben für ein "Kavaliersdelikt" halten, was es nicht ist. 1215
Auch bei den Teilnehmern ist eine Verschärfung der Sanktion gerechtfertigt, wenn Unregelmässigkeiten
mehrfach und über mehrere Jahre vorkommen, was darauf schliessen lässt, dass
es keine hinreichende regelmässige Kontrolle der Einhaltung der Börsen-Regeln gibt. 1216
Denn das Hauptinteresse eines Händlers besteht darin, ein Geschäft möglichst gewinnbringend
abzuschliessen und eine möglichst hohe Provision zu kassieren. 1217 Eine Sanktionierung
wäre daher schnell vergessen und ihre Abschreckungswirkung gering, wenn sie nicht bei einem
erneuten Verstoss zu einer spürbaren Strafverschärfung führen würde. 1218 Die implizite
Androhung einer höheren Strafe im Wiederholungsfall stellt einen geeigneten Anreiz für die
Unternehmen dar, um in Zukunft die notwendigen Massnahmen zu ergreifen. Kooperatives
Verhalten sowie die Einleitung der erforderlichen organisatorischen Massnahmen zur künfti-
1211 für Emittenten: Entscheid der Sanktionskommission vom 18.12.2009 (SaKo 2009 - MT III/09, SaKo 2009 -
MP I/09, SaKo 2009 - AHP III/099, Rz. 14; für Teilnehmer: Entscheid der Sanktionskommission vom
3.11.2011, Verletzung der Marktintegrität, Rz. 22.
1212 vgl. dazu auch COFFEE, S. 413 ff., der ebenfalls davon ausgeht, dass die Berücksichtigung des Verhaltens des
Unternehmens im Anschluss an die Deliktaufdeckung bei der Strafzumessung ein Anreiz für das Unternehmen
sein kann, entsprechende vorbildliche organisatorische Massnahmen zu ergreifen.
1213 Diese von SCHMIDT, S. 97, für Finanzinstitute aufgestellte These kann m.E. auf alle Unternehmen ausgeweitet
werden.
1214 Entscheid von SER vom 10.11.2011 (SER 2011-MP-II/11, SER 2011-CG-I/11), Rz. 62.
1215 gl. M.: WEBER, Verantwortlichkeit, S. 144.
1216 vgl. z.B. Entscheid der Sanktionskommission vom 19.9.2007, Verletzung der Registrierungspflicht für die
Benutzung des Börsensystems, Rz. 3.
1217 Dies wurde auch von den Experten sowie den Teilnehmer-Vertretern bestätigt.
1218 In diesem Sinne verhängte die Sanktionskommission auch im Entscheid vom 30.12.2008, Verletzung der
Vorschriften betreffend Meldung von ausserbörslichen Abschlüssen, eine empfindlich hohe Busse von CHF
100‘000 mit der Begründung, die vorherige Sanktion scheine den Teilnehmer nicht veranlasst zu haben, der
Einhaltung aller Vorschriften der SIX Swiss Exchange ausreichend Beachtung zu schenken .
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