Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel I: Einführung
sicht durch die FINMA statt einer unmittelbaren staatlichen Beaufsichtigung des Börsenbetriebs
vorsieht, geht bereits weiter als z.B. die deutsche, wo die Börsen als Anstalten des öffentlichen
Rechts nur organisatorisch verselbständigte Verwaltungsträger sind, weswegen hier
auch von Selbstverwaltung und nicht von Selbstregulierung die Rede ist. 26 Wirklich bemerkenswert
sind aber die Aussagen von Art. 9 Abs. 1 BEHG 27 und von Art. 9 Abs. 3 BEHG 28 :
Der vom Bundesrat vorgeschlagene Art. 9 E-BEHG hatte nämlich noch vorgesehen, dass die
Börse in ihrem Entscheid über die Zulassung von Effekten und die Aufnahme bzw. den Ausschluss
von Mitgliedern Verfügungen im Sinne des VwVG erlässt, gegen welche dann auch
ein verwaltungsrechtliches Verfahren hätte angestrengt werden können. In einem umstrittenen
und von vielen Differenzen geprägten Gesetzgebungsprozess 29 pochte die Mehrheit des Parlaments
jedoch auf eine privatrechtlich verstandene Selbstregulierung und schuf die börsenrechtliche
Beschwerdeinstanz. Die Kritik an dieser Ordnung reisst jedoch nicht ab. Insbesondere
der mangelnde Rechtsschutz wird bemängelt 30 : Der „selbstverwaltete“ Rechtsschutz
durch eine von der Börse selbst zu bestimmende Beschwerdeinstanz mit der nachfolgenden
Möglichkeit der Zivilklage lasse den unschönen Eindruck entstehen, dass eine Instanz die
nächsthöhere Instanz und deren Verfahrensordnung selber wähle. 31 Diese seit Jahren bestehende
Kontroverse wurde durch einen Ende 2010 gefällten Bundesgerichtsentscheid 32 , der
sich erstmals mit dem Börsenverfahren - einschliesslich der reglementarisch vorgeschriebenen
Rechtsprechungsinstanz Börsenschiedsgericht - auseinandersetzt und Schwächen namentlich
beim Anlegerschutz offenlegt, neu angefacht: So fordert nun auch z.B. WEBER, die zivilrechtliche
Beschwerdestruktur neu zu überdenken. 33 All dies rechtfertigt in Kapitel II, vertieft die
verfahrensrechtlichen Aspekte des Beschwerdewesens bei der Börse zu betrachten.
Abgesehen von diesen Grundsatzdebatten über die richtige verfahrensrechtliche Ausgestaltung
geben aber auch die Umsetzung des Sanktionierungsauftrags durch die Börse (Aufstellen
von Regeln, Anwendung der Regularien etc.) sowie der Sanktionenkatalog Anlass zu Meinungsverschiedenheiten.
In letztere Debatten mischen sich neben Vertretern der Lehre auch
Emittenten 34 sowie die Presse 35 .
26 KÜMPEL/HAMMEN, S. 128 f.
27 „Gegen als besonders einschneidend zu qualifizierende Entscheide der Börsen ist Beschwerde bei einer von
der Börse bestellten und organisierten Beschwerdeinstanz einzulegen.“
28 „Nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist die Klage beim Zivilrichter vorbehalten.“
29 vgl. Amtl.Bull SR 1993, S. 1003 f.; Amtl.Bull. NR 1994, S. 1061. f.
30 MARTI, S. 581.
31 WEIGL, S. 166.
32 BGE 137 III 37.
33 WEBER, Neuordnung, S. 590.
34 Unzufriedenheit der Emittenten mit Überwachungs- und Sanktionspraxis der SIX hat bereits dazu geführt,
dass SwissHoldings im Auftrag seiner Mitglieder das Gespräch mit der Börse gesucht hat.
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