Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
auch bei Geldstrafen mit einer Beziehung zur Eigentumsgarantie das Legalitätsprinzip im
formellen Sinne besonders streng zu verwirklichen sei. 1114 Da schwere Sanktionen wie die
Dekotierung erstens die Falschen - namentlich die Anteilseigner - treffen und für diese zweitens
mit ernsthaften Konsequenzen verbunden sein können (enteignungsähnliche Folgen 1115 )
ist m.E. die alleinige Verankerung im Kotierungsreglement hier auch rechtsstaatlich heikel
1116 , und die Sanktion sollte nur sehr restriktiv verhängt werden.
Die Geldbusse hingegen ist als repressive Sanktion mit kalkulierter Abschreckwirkung notwendiger
Bestandteil des Unternehmensstrafrechts. 1117 Jedoch ist die Wirkung von Bussen
beschränkt, da sie nicht direkt auf den Fehler im Unternehmen reagieren und darüber hinaus
die nichtfinanziellen Motive der Handelnden in den Unternehmen (insb. Macht- und Prestigeaspekte)
zu wenig berücksichtigen. 1118 Deswegen ist es sinnvoll, Bussen mit anderen Sanktionen
zu kombinieren. 1119 Eine sinnvolle Ergänzung bildet im Börsensanktionsverfahren die
Publikation der Untersuchungseröffnung sowie des Urteils, denn die zu erwartende negative
Publizität und die damit verbundene Beeinträchtigung des Markt- bzw. Börsenwertes des Unternehmens
1120 dürfte einem Unternehmen einen viel besseren Impuls geben, die gewünschten
Anpassungen im Unternehmen vorzunehmen.
Schliesslich ist zu beachten, dass das Ziel der Überwachung und Regulierung die Anregung
eines Umdenk- bzw. Umorganisationsprozesses im Unternehmen ist. Es ist grundsätzlich davon
auszugehen, dass die Emittenten es richtig machen wollen. Vor diesem Hintergrund ist
ein überlegter Einsatz der Sanktionsinstrumente, der ein Mahnverfahren miteinschliesst und
grundsätzlich den Emittenten die Möglichkeit zur Kooperation lässt, zu begrüssen. Ebenfalls
eine gute Möglichkeit, den Konflikt zwischen Börse und Emittenten friedlich und partnerschaftlich
zu beenden, ist die 2007 neu eingeführte Einigung. Für Emittenten bietet dieses
neue Instrument die Möglichkeit, die ganze Angelegenheit low level zu halten. Wie sich aber
in den Interviews gezeigt hat, war die bisherige Praxis für die Emittenten jedoch insofern unbefriedigend,
als die Börse den Emittenten kein Mitspracherecht bei der Abfassung des Einigungstextes
gewährte und diese den veröffentlichten Text gelegentlich herabwürdigend fanden.
Dieser Umstand ist m.E. schon deswegen problematisch, da eine Einigung die Zustim-
1114 BGE 97 I 45 ff., COTTIER, S. 61.
1115 vgl. die Ausführungen in Kap. II Abschnitt D.
1116 trotz des Genehmigungsvorbehalts der KR-Bestimmungen durch die FINMA.
1117 gl. M.: SCHROTH, S. 215.
1118 so auch: FISSE, S. 118 f.
1119 gl. M. LÜTOLF, S. 395 f; VOLK, S. 432.
1120 FORSTER, S. 289.
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