Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
Angesichts der grossen Reputationswirkung der Veröffentlichung verwundert es nicht, dass
die naming and shaming Strafe im Sanktionenkatalog des bis 30.6.2009 gültigen Kotierungsreglements
noch aufgeführt wurde. 1102 Bei der Totalrevision des Kotierungsreglements wurde
diese Sanktion dann jedoch mit der Begründung gestrichen, die Publikation sei eine Notwendigkeit
und daher keine zusätzliche Sanktion. Hintergrund war eine Forderung der Fachpresse,
mehr Transparenz über die Sanktionspraxis zu schaffen. Wie in Kap. II Abschnitt I im
Rahmen der Öffentlichkeit des Verfahrens gezeigt wurde, kommt den Sanktionsentscheiden
eine wichtige Informationsfunktion zu. Vor diesem Hintergrund soll die Publikation keine
zusätzliche Sanktion darstellen, denn auch bei leichten Verstössen ist ein Verweis ohne Publikation
gar nicht mehr möglich.
dd) Ergebnis
Die Gewährleistung eines transparenten Kapitalmarktes verlangt, dass die Börse ihre Aufgabe
der Überwachung und Sanktionierung für die Öffentlichkeit wahrnehmbar erfüllt. Vor diesem
Hintergrund ist die Publikation einer Untersuchungseröffnung sowie des Sanktionsentscheids
keine Sanktion, sondern eine Notwendigkeit, zumal auch dem in den Interviews von Börsenseite
vorgebrachten Argument zuzustimmen ist, dass es im Sinne des Anlegerschutzes und der
Gleichbehandlung der Marktteilnehmer besser ist, wenn die Informationen durch die verantwortlichen
Organe in den dafür vorgesehenen Medien 1103 verbreitet werden; denn es besteht
immer die Gefahr, dass die Verfahrenseröffnung als Gerücht den Markt penetriert, und in dem
Fall kann die Gleichbehandlung der Marktteilnehmer nicht mehr sichergestellt werden. 1104
Gleichzeitig ist aber die Wirkung der Veröffentlichung von Untersuchungseröffnungen und
Sanktionsentscheiden zu berücksichtigen: Grundsätzlich schätzen sowohl Emittenten als auch
Börsenvertreter bzw. Experten die Gefahren, die mit einem Reputationsverlust durch eine
negative Berichterstattung (Sanktionsverfahren) verbunden sind, höher ein als die potentiell
verhängten Strafen (Verweise, Bussen etc.). Der gelegentlich vorgebrachte Einwand, negative
Publizität könne auch eine Form von Reklame sein 1105 , ist m.E. nicht haltbar: Die Bekanntgabe
der Eröffnung eines Verfahrens bzw. einer Verurteilung lässt das Unternehmen in den Augen
der Öffentlichkeit immer schlecht aussehen und ist deswegen niemals eine Form von
1102 Art. 82 Ziff. 2 aKR lautete: Publikation der Tatsache, dass der Emittent oder Sicherheitsgeber
erfolglos zur Veröffentlichung oder Bekanntgabe von reglementarisch vorgeschriebenen Informationen
aufgefordert wurde.
1103 Die gewährleisten, dass alle Marktteilnehmer zur gleichen Zeit davon Kenntnis erhalten können.
1104 vgl. auch die Ausführungen in Kap. II Abschnitt H.2.
1105 FISSE, S. 126 m.W.H.
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