Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
nur schwer zu vermitteln. 754 Aus diesem Grund hat das IASB am 9. Juli 2009 einen IFRS-
Standard für KMUs herausgebracht, der an die besonderen Wünsche und Bedürfnisse der
KMUs angepasst wurde und im Vergleich zum vollständigen Standard weniger komplex
ist. 755 Dieser gilt jedoch nur für Unternehmen, die keine public accountability haben (Ziff. 1.2
lit. a), d.h. they are not traded in a public market (Ziff. 1.3). Damit sind börsenkotierte Gesellschaften
ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass ein
Unternehmen nicht mehr klein ist, wenn es sich im Hauptsegment kotieren lässt. 756 Es steht
einer Gesellschaft frei, sich im Domestic Standard-Segment zu kotieren, wo gemäss Art. 6
Abs. 3 RLR auch der weniger strenge Swiss GAP FER-Standard zugelassen ist. 757 Für eine
Kotierung im Main Standard verlangt die SIX m.E. zu Recht die Einhaltung strengerer Normen
(IFRS oder US-GAAP). Diese international anerkannten Regelwerke verlangen eine
"true and fair view" der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und decken alle wichtigen Fragen
der Konzernrechnungslegung ab. Sowohl IFRS als auch US-GAAP sind sehr detailliert
und von hoher inhaltlicher Qualität. 758 Durch die weltweite Akzeptanz wird darüber hinaus
erheblich zur Schaffung eines transparenten, effizienten und kostengünstigen Kapitalmarkts
beigetragen, der auch für internationale Investoren attraktiv ist. 759 Eine wichtige Voraussetzung
ist dabei, dass sich die Investoren auf die Unternehmensabschlüsse verlassen können. 760
Um dies sicherzustellen, ist eine strenge Aufsicht über die Anwendung der Regeln durch die
Unternehmen notwendig. Von daher ist es m.E. gerechtfertigt, wenn die Börse z.B. Emittenten
sanktioniert, wenn sie durch die mangelhaften Offenlegungen im Halbjahresbericht den
Anlegern und anderen Anspruchsgruppen wichtige Informationen zur Ertrags-, Vermögensund
Finanzlage vorenthalten 761 oder durch eine mangelhafte Segmentberichterstattung verhindern,
dass professionelle Anleger und Analysten sich ein korrektes Bild der zu erwartenden
Ertragslage eines Unternehmens machen können. 762
Abschliessend sei noch auf eine Schweizer Besonderheit eingegangen, die ebenfalls Auslöser
für Kritik ist: die Zulässigkeit der Bildung stiller Reserven, d.h. von Reserven, die nicht sichtbar
sind in der Jahresrechnung. Art. 669 Abs. 3 OR erlaubt die Bildung, "soweit die Rücksicht
754 BÖCKLI, IFRS/IAS, S. 13.
755 vgl: www.ifrs.org/IFRS+for+SMEs/IFRS+for+SMEs.htm.
756 vgl. auch die Ausführungen in Abschnitt H.2.
757 vgl. dazu auch den Entscheid des Ausschusses der Zulassungsstelle vom 10. April 2006 (ZUL/RLE/X/05),
der festhält, dass eine Gesellschaft im regulatorisch gesteckten Rahmen wählen kann, nach welchem Standard
sie den Jahres- und Zwischenabschluss präsentieren will (Rz. 4).
758 BÖCKLI, IFRS/IAS, S. 10.
759 vgl. SCHREIBER, S. 25.
760 vgl. SCHREIBER, S. 25.
761 Entscheid des Ausschusses der Zulassungsstelle vom 11. März 2004.
762 Entscheid des Ausschusses der Zulassungsstelle vom 7. Januar 2005.
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