Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
c) Fazit
Da durch Kursmanipulation „falsche“ Kurse bewirkt werden, kann die konsequente Ahndung
von missbräuchlichen Verhaltensweisen als weiterer Schritt zur Verwirklichung des Individual-
bzw. Anlegerschutzes und des Funktions- bzw. Systemschutzes angesehen werden. 897
Denn „künstliche“ Kurse, die nicht dem inneren Wert des Unternehmens entsprechen, können
das Vertrauen der Investoren in die Lauterkeit von Effektenmärkten erschüttern 898 , und es
besteht die Gefahr einer Reflexwirkung anderer Investoren, was die Funktionsfähigkeit des
Kapitalmarktes signifikant beeinträchtigen kann. 899 Nicht zuletzt aus diesem Grund sind die
vergleichbaren Verbotsnormen anderer bedeutender Finanzplätze (insb. Frankfurt und London)
breiter gefasst 900 und decken deutlich mehr Missbrauchshandlungen ab. 901 . Die vom
Bundesrat eingesetzte Expertengruppe zur Beurteilung der Strafbarkeit von Börsendelikten
und Marktmissbräuchen hat sich aber bewusst gegen eine Ausweitung des Anwendungsbereichs
von Art. 161 bis StGB entschieden und sich für eine wirksame Ahndung manipulativer
Verhaltensweisen durch die Aufsichtsbehörden ausgesprochen. 902 Dies ist m.E. gerechtfertigt:
Die im Strafgesetzbuch erfassten Tathandlungen beschränken sich auf marktmissbräuchliche
Verhaltensweisen, die in der Lage sind, den Aktienkurs entscheidend zu verändern, so dass
hier eine strafrechtliche Verfolgung auch vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzes der
internationalen Anlegerschaft erforderlich erscheint. Auch die Kursmanipulationsstrafnorm
wird m.E. zu Recht eng ausgelegt: Damit nicht Praktiken pönalisiert werden, die noch zum
erlaubten „Spielen“ an der Börse gehören 903 , ist es angemessen, eine Bereicherungsabsicht zu
verlangen. Diese dürfte in der Praxis jedoch zu Beweisschwierigkeiten führen 904 , so dass als
Folge nur die Alternative bleibt, in einem ersten Schritt viele Transaktionen für strafbar zu
erklären, um dann in einem zweiten Schritt Voraussetzungen zu definieren, bei deren Einhaltung
eine Strafbarkeit ausscheidet (sog. Accepted Market Practices). Dies würde jedoch zu
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der gegenläufige Kauf und Verkauf in einer Effekte für den gleichen Kunden.
896 Entscheid von Surveillance & Enforcement vom 4.8.2011, Marktmanipulation; Entscheid von Surveillance &
Enforcement vom 7.5.2003, Nostro-Nostro-Cross-Trades; Entscheid von Surveillance & Enforcement vom
25.4.2003, Snake-Trading; Entscheid der Sanktionskommission vom 13.3.2009, unzulässige Agent-Agent-
Crosses.
897 IFFLAND, manipulations, S. 39 ff.
898 RUFFNER, Entwurf, S. 69.
899 Entscheid von Surveillance & Enforcement vom 13.10.2010, Marktmanipulation.
900 vgl. EBK, Jahresbericht 2007, S. 23.
901 vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. a EU-MRl, der sämtliche echten Transaktionen mit manipulatorischem Charakter verbietet.
902 EFD, Expertenkommission, S. 60 ff.
903 so auch: TRECHSEL/JEAN-RICHARD, Art. 161 bis StGB, S. 780; der Handel mit eigenen Aktien im Rahmen von
Rückkaufprogrammen und gewisse kursstabilisierende Massnahmen sind auch unter dem strengeren EU-Recht
erlaubt (vgl. Art. 8 EU-MRI).
904 PETER, Kursmanipulation, S. 124 f.
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