Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
Vertrauen bei den Anlegern geschaffen, was dem Zweck des Börsengesetzes – Schaffung von
Transparenz – gar entgegenwirken würde. Bei der Teilnehmer-Regulierung lässt sich aufgrund
der klaren vertraglichen Grundlage zwar leichter eine Haftungsgrundlage konstruieren,
so dass man hier von einer grösseren Korrektur- und auch Präventivwirkung durch ein gut
ausgebautes Zivilhaftungssystem ausgehen kann; nichtsdestotrotz können auch hier nicht alle
Verfehlungen abgedeckt werden 635 , so dass es auch hier zur wirkungsvollen Gewährleistung
eines funktionstauglichen Kapitalmarktes eines (ergänzenden) effektiven Sanktionssystems
bedarf. Deswegen ist m.E. DAENIKER zuzustimmen, dass bei der Börsenregulierung auf eine
Ausweitung der Haftung verzichtet und stattdessen durch andere regulatorische Massnahmen
(u.a. Sanktionen) ein grosser Anreiz zur Produktion von ausreichenden Informationen im
Markt geschaffen werden sollte. 636 Vor diesem Hintergrund kommt der Sanktionsordnung der
Börse eine wesentliche Bedeutung zu, und es erscheint gerechtfertigt, die einzelnen Aspekte
vertieft zu analysieren.
Auffallend ist, dass Kritik auf Seiten der Regulierten fast ausschliesslich von Emittenten und
nicht von Teilnehmern geäussert wird. Dies dürfte m.E. auf zwei wesentliche Punkte zurückzuführen
sein: Erstens ist nach Aussage der Börsenorgane die Zusammenarbeit mit den Teilnehmern
enger und direkter; diese sind durch ihre Stellung als Bank, Broker, Hedge Fund etc.
wohl auch näher am Börsengeschehen. Zweitens sind die Teilnehmer auch weniger stark betroffen,
insbesondere da auf eine namentliche Nennung zumeist verzichtet wird. 637
Die Kritikpunkte der Emittenten stellen jedoch eine gute Basis für eine grundsätzliche Beurteilung
des Börsensanktionsverfahrens dar, weswegen sie auch – einschliesslich der 2011 beschlossenen
Praxisänderungen bei der Emittentensanktionierung - in Abschnitt B vorgestellt
werden sollen, bevor dann darauf aufbauend in den weiteren Abschnitten einzelne Aspekte
vertiefter betrachtet werden.
B) Kritikpunkte der Emittenten und Reaktion der Börse
Die von der Emittentenseite vorgebrachten Kritikpunkte lassen sich in sieben Kategorien einteilen,
die im Folgenden näher betrachtet werden sollen. Zudem sollen in Abschnitt 8 die Mo-
635 Namentlich im Fall der persönlichen Verantwortlichkeit eines Mitarbeiters des Effektenhändlers steht keine
vertragliche Rechtsgrundlage zur Verfügung, da der Mitarbeiter nicht Vertragspartner des Kunden ist und eine
Inanspruchnahme gestützt auf die Vertrauenshaftung nur in Frage kommt, wenn der Mitarbeiter persönliches
Vertrauen in Anspruch genommen hat (HORN, Anlageberatung, S. 5).
636 gl. M. DAENIKER, Thesen, S. 149.
637 vgl. auch die Ausführungen in Kapitel II Abschnitt I.2.
- 98 -