Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel II: Verfahrensrechtliche Aspekte
aa) Vertragliche Schiedsabrede
In den meisten Fällen beruht die Schiedsvereinbarung auf einer vertraglichen Vereinbarung
zwischen zwei oder mehr Personen. 233 Diese bedurfte gemäss Art. 6 Abs. 1 KSG der Schriftlichkeit,
wobei die Erfordernisse des OR, insbesondere des Art. 13 OR, heranzuziehen waren.
234 Namentlich war die eigenhändige Unterschrift aller involvierten Personen zwingend
erforderlich - und zwar von beiden Parteien -, damit beide Parteien verpflichtet waren. 235 Seit
dem 1.1.2011 wird die Schiedsvereinbarung nun in Art. 357 ff. ZPO geregelt. Art. 358 ZPO
erlaubt nun auch die Abfassung in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht,
wodurch nun auch der Abschluss mittels moderner Kommunikationsmittel wie E-Mail
oder Telefax möglich wird 236 und eine eigenhändige Unterschrift nicht mehr in jedem Fall
obligatorisch ist. 237 Die Zustimmung der Parteien zur Schiedsvereinbarung bleibt jedoch eine
notwendige Entstehungsvoraussetzung. 238 Insbesondere müssen die wesentlichen Vertragspunkte,
nämlich u.a., dass ein Schiedsgericht verbindlich über bestimmte Streitsachen entscheiden
soll, in dem von den Parteien zu unterschreibenden Textdokument erfasst werden. 239
Bei einem Emittenten liegt m.E. eine solche vertragliche Einverständniserklärung vor 240 : Gemäss
Art. 45 Ziff. 4 KR muss vor der Kotierung eine rechtsgültige Erklärung beigebracht
werden, die besagt, dass der Emittent neben dem Kotierungsreglement und den Zusatzreglementen
auch die Verfahrens- und Sanktionsordnung der SIX Swiss Exchange zur Kenntnis
genommen hat und diese ausdrücklich anerkennt. 241 Bei der Emittentenerklärung handelt es
sich meiner Meinung nach um einen rechtsgültigen Vertrag zwischen der Börse und dem
Emittenten. 242 Dieser erfüllt sowohl die strengen Anforderungen von Art. 6 Abs. 1 KSG als
auch die lockeren von Art. 358 ZPO, und es liegt somit eine rechtsgültige Schiedsvereinbarung
durch Verweis vor. 243
233 RÜEDE/HADENFELDT, S. 41.
234 RÜEDE/HADENFELDT, S. 63.
235 LALIVE/POUDRET/REYMOND, S. 56 f.
236 GIRSBERGER, S. 1701.
237 MAURER/VON DER CRONE, S. 412, Fn. 102.
238 so auch: BÜCHLER/VON DER CRONE, S. 262 f.
239 STACHER, S. 1976.
240 a.M. KILGUS, S. 396.
241 gl. M. TAUFER, S. 1125: „Mit Einreichung des Kotierungsgesuches bei der Zulassungsstelle der SWX erklärt
sich der Emittent mit der Sanktions- und Verfahrensordnung der Schweizer Börse einverstanden.“
242 und nicht um einen ungültigen Vertrag zu Lasten Dritter, wie KILGUS, S. 398, behauptet.
243 Auch SIX Exchange Regulation geht davon aus, dass eine Gesellschaft eine Zustimmungserklärung unterzeichnet
und sich damit dem Kotierungsreglement, seinen Ausführungsbestimmungen und insbesondere auch
der Verfahrensordnung (VO) unterstellt (Entscheid von SER vom 22.11.2011, SER/RLE/V/11, Rz. 10).
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