Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
Kotierung im Haupttableau der Börse die Überschreitung einer Schwelle bedeutet und er von
nun an nicht mehr wie ein Verantwortlicher eines KMU denken darf. Denn um die Konkurrenzfähigkeit
des Finanzplatzes Schweiz zu erhalten, müssen bestimmte international anerkannte
Standards eingehalten werden. 1174 Vor diesem Hintergrund weisen auch Anwaltskanzleien
ihre Klienten bei der Vorbereitung eines Börsenganges darauf hin, dass sie von nun an
in einer anderen Welt leben und verschiedene Pflichten - wie die Investition in Investor-
Relations, die Erstellung von Jahresberichten sowie das Treffen bestimmter organisatorischer
Vorkehrungen - zwingend erfüllen müssen. Durch das Kriterium der Sanktionsempfindlichkeit
1175 können überdies Grössenunterschiede bei Emittenten angemessen berücksichtigt werden:
So wurde im Fall eines kleineren Emittenten die Sanktionsempfindlichkeit aufgrund der
negativen Ertragssituation der letzten Jahren als überdurchschnitttlich bewertet und die Busse
entsprechend auf einen Bruchteil des Maximalbetrages (namentlich CHF 10‘000) festgesetzt.
1176 Schliesslich haben – wie die Praxis zeigt - längst nicht alle kleinen Emittenten grosse
Probleme, sondern die Mehrheit erfüllt - teilweise mit Hilfe von externen Beratern - mühelos
ihre Pflichten.
Nichtsdestotrotz ist es denkbar, dass eine kleinere Gesellschaft die Erfüllung der Börsenpflichten
als zu grossen Stress empfindet und daher eine Dekotierung beschliesst. Hier ist aber
in Erwägung zu ziehen, dass ein vollständiger Rückzug von der SIX eine Aufhebung der Unterstellung
einer Gesellschaft unter das Recht der Publikums-AG und damit eine Befreiung
von den strengen Transparenz- und Offenlegungsvorschriften bedeutet. 1177 Dies kann insbesondere
für Minderheitsaktionäre mit gewichtigen Nachteilen verbunden sein. 1178 Darüber
hinaus entfällt die Liquiditätsprämie, die börsenkotierten Unternehmen regelmässig zukommt.
Vor diesem Hintergrund bietet die Berner Börse für KMUs, die nicht imstande sind, die Anforderungen
der SIX zu erfüllen, eine gute Alternative. Denn diese börsenähnliche Einrichtung
geht nach eigenen Angaben vorwiegend auf die Bedürfnisse des nationalen Finanzplatzes
im Bereich der kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) ein und erlässt auf KMU-
Bedürfnisse zugeschnittene Reglemente und Verordnungen. 1179 Auf diese Weise wird wachstumsorientierten
KMUs ermöglicht, das nötige Kapitel für weitere Expansionen zu akquirie-
1174 So dürfen bspw. gemäss IFRS keine stillen Reserven gebildet werden, was teilweise bei Schweizer Unternehmern
auf Kritik stösst. Vgl. auch die Ausführungen zur Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes in
Abschnitt C.1b sowie zur demokratischen Abstützung von Regularien in Abschnitt E.2a.
1175 vgl. die Ausführungen in Abschnitt 3e.
1176 Entscheid von SER vom 10.11.2011 (SER 2011-MP-II/11, SER 2011-CG-I/11), Rz. 76, 81.
1177 RUFFNER/KOHLIK, S. 630.
1178 Nicht zuletzt deswegen kam es auch zur Klage eines Aktionärs gegen den Dekotierungsentscheid der Bergbahnen
Lenzerheide AG; vgl. dazu auch die Ausführungen in Kap. II Abschnitt D.
1179 vgl.: http://www.berne-x.com/de/about.
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