Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
antwortungsvollen Positionen 1153 oder das Unternehmen selbst. 1154 Ausserdem ist zu klären,
ob eine differenzierte Behandlung von kleineren Emittenten sinnvoll ist.
1. Täterbestimmung
a) bei den Emittenten
In der Schweiz wird bei der Emittentenregulierung auf Sanktionierung der kotierten Gesellschaft
als solcher und nicht der natürlichen Personen bzw. Organe (z.B. Verwaltungsrat, Geschäftsleitung,
Revisionsstelle) abgestellt. 1155 Diese Regelung ist nicht selbstverständlich: In
Deutschland sind Strafen (auch Geldstrafen) gegen Unternehmen nicht vorgesehen 1156 : Vielmehr
wird Leitungspersonen zum einen ihr eigenes Handeln für das Unternehmen zugeschrieben,
und zum anderen können sie unter Umständen auch für das Verhalten ihrer Mitarbeiter
verantwortlich gemacht werden. In diesem Sinne können in Deutschland bei einem
Verstoss gegen die Ad hoc-Publizitätsnorm Geldbussen sowohl gegen den Emittenten als
auch gegen die Vorstandsmitglieder sowie andere leitende oder mit der Ad hoc-Publizität
beauftragte Mitarbeiter und sogar gegen unternehmensexterne Berater verhängt werden. 1157
Dieser persönlichen Zur-Verantwortung-Ziehung der Verursacher der fehlerhaften Informationsversorgung
des Kapitalmarktes wird eine grosse Präventivwirkung zugeschrieben 1158 ,
weswegen es nicht erstaunlich ist, dass auch in der Schweiz einzelne Autoren für die Einführung
eines Bussgeldsystems nach deutschem Vorbild plädieren. 1159 Die aufgeführten Personen
sind alle in einer Art und Weise für die Informationsversorgung des Kapitalmarktes und
somit die Reduktion der Informationsasymmetrie zuständig. Daher könnte man argumentieren,
dass es angebracht ist, diese konkreten Personen für die fehlerhafte Information zur Rechenschaft
zu ziehen und ihnen Bussen aufzuerlegen. Dieser Argumentation kann jedoch entgegengesetzt
werden, dass es bei modernen Unternehmen, die sich durch ein hohes Mass an
Arbeitsteilung auszeichnen, aufgrund von Delegation und Kompetenzaufteilung oft schwierig
ist, einen Verantwortlichen auszumachen, da Entscheidungsmacht, Informationsbesitz und
1153 Dies ist die Handhabung bspw. in Deutschland.
1154 Die Schweiz kennt grundsätzlich die Straffähigkeit der juristischen Person (Art. 102 StGB). Besonders bei
Umweltdelikten wird darauf zurückgegriffen.
1155 Entscheid der Sanktionskommission vom 18. Dezember 2009 (SaKo 2009 - MT III/09, SaKo 2009 - MP I/09,
SaKo 2009 - AHP III/09), Rz. 8.
1156 ACHENBACH, Sanktionierung, S. 4.
1157 HSU, S. 261.
1158 DE BEER, S. 138; GEHRT, S. 192 f.
1159 TAUFER, S. 1125 f. m.w.H.
- 180 -