Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
Im Weiteren wurde in den Emittenteninterviews gerügt, die SIX unterscheide nicht, ob bspw.
eine "nice-to-know"-Information verspätet oder eine essentielle Angabe gar nicht geliefert
würde. Diese Klage halte ich für nicht berechtigt: Denn wie in den Abschnitten aa) und bb)
dargelegt, werden durchaus Abstufungen vorgenommen, um den Unterschieden in den
Rechtsgutverletzungen gerecht zu werden. So wurden bereits in der Vergangenheit Verweise
als mildeste Sanktion verhängt, wenn kein Schaden entstanden war und obendrein bereits
Massnahmen zur zukünftigen Vermeidung des Problems ergriffen wurden. In ganz leichten
Fällen, in denen erfahrene und bewährte Händler einmalig und in nicht schwerwiegender
Weise gegen die Vorschriften verstossen haben, wird sogar von einer Bestrafung abgesehen.
1205
Für die Sanktionierung von Emittenten existiert meiner Meinung nach durch die neu eingeführte
Vorstufe der Mahnung 1206 eine weitere gute Lösung, mit der abstrakte Gefährdungspotentiale
gerügt werden können, ohne dass sofort sanktioniert werden muss.
b) Strafverschärfungs- bzw. -milderungsgründe
Das Unternehmensstrafrecht allgemein und das Börsenstrafrecht im Besonderen dient weniger
der Bestrafung von Fehlverhalten als vielmehr der Erziehung der Unternehmen zu besserem
Verhalten. 1207 Deswegen ist das sog. "Nachtatverhalten" unbedingt bei der Strafzumessung zu
berücksichtigen: So sind organisatorische Besserungsbemühungen (insbesondere glaubwürdige
Reorganisationsbestrebungen oder die Implementierung verbesserter Verhaltensrichtlinien
und Sicherheitsvorschriften) sowie die (freiwillige) Beteiligung an Wiedergutmachungsbemühungen
unbedingt strafmindernd zu berücksichtigen, während das unveränderte Fortführen
der inkriminierten Geschäftspraktiken und –strukturen zu einer Straferhöhung führen
muss. 1208 Diese Erkenntnis wird auch bei der Börse berücksichtigt: So wurde es z.B. als erheblich
strafmildernd bewertet, dass eine Gesellschaft von sich aus eine berichtigte Konzernrechnung
veröffentlichte. 1209 Ebenso wird bei Teilnehmern die Einführung besserer interner
Kontrollmassnahmen, mit denen regelwidriges Verhalten der Händler verhindert werden
kann, strafmildernd berücksichtigt. 1210
1205 Entscheid der Sanktionskommission vom 6.2.2009, Verzicht auf eine Sanktion.
1206 vgl. Abschnitt B.8.
1207 PIETH, Verantwortung, S. 367, spricht in diesem Zusammenhang auch von der prospektiven Ausrichtung des
Unternehmensstrafrechts.
1208 gl. M. FORSTER, S. 269.
1209 Entscheid der Zulassungsstelle vom 16.2.2007 (ZUL/RLE/III/06), Rz. 106.
1210 Entscheid der Sanktionskommission vom 3.11.2011, Verletzung der Marktintegrität, Rz. 21.
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