Sanktionsordnung der SIX und Schiedsgericht DISSERTATION der ...

Kapitel III: Beurteilung der Sanktionspraxis
gulierten sehr gross ist. 995 Daraus ergibt sich auch eine Auskunftspflicht der Börse, die als
Gegenstück zur Mitwirkungspflicht der Regulierten – insbesondere der Emittenten - angesehen
werden kann. Denn damit eine wirksame Zusammenarbeit zwischen Börse und Regulierten
möglich ist, muss auch die Börse ihrerseits den Regulierten bei Problemen entgegenkommen
und ihre Fragen beantworten. 996
2. Kooperationspflicht der Regulierten
Der speziellen Ausgestaltung der Schweizer Börse als selbstregulierte Organisation liegt die
Annahme zugrunde, dass die Bedürfnisse der Emittenten und Teilnehmer am besten befriedigt
werden, wenn sie ihre Beziehungen selbst regeln können. 997 Daraus ergibt sich, dass die Emittenten
und Teilnehmer grundsätzlich selbst bestimmen, wie sie von der Börse wahrgenommen
werden. Das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Börse und Regulierten bedingt nämlich
zugleich auch, dass es empfehlenswert für Emittenten und Teilnehmer ist, von Beginn an aktiv
den Kontakt zur SIX zu suchen und mit ihr zusammenzuarbeiten. Denn nur wenn die Börse
einen Regulierten wirklich kennt, kann sie seine Situation richtig einschätzen, weswegen
sich Emittenten und Teilnehmer, die eine intensive - und v.a. auf persönlichen Kontakten beruhende
- Beziehung zur Börse anstreben, zweifelsohne in einer besseren Position befinden.
Wie sich insbesondere in den Gesprächen mit den Börsenvertretern herauskristallisiert hat, ist
der Kontakt zu den Teilnehmern direkter: Hier besteht ein ständiger Dialog zwischen Börse
und dem einzelnen Effektenhändler, in dem z.B. auch der jeweilige Handelschef auf bestimmte
Missstände aufmerksam gemacht wird.
Etwas problematischer ist m.E. die Situation auf der Emittentenseite: Grössere Emittenten wie
Novartis streben auch hier eine konstruktive Partnerschaft mit der Börse an, die sich konkret
darin manifestiert, dass immer alles im Vorfeld besprochen wird, während kleinere Emittenten
z.T. weniger Kontakt suchen. Eine intensive Kontaktpflege mit der Börse wird jedoch
auch von Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern, die den Emittenten vor und während der
Kotierung helfen, befürwortet. So raten bspw. die Vertreter von PriceWaterhouseCoopers
ihren Kunden explizit, sich persönlich zu involvieren. Hintergrund ist, dass ein Emittent, bei
dem sich die Führungsspitze (CEO und/oder CFO) persönlich einschaltet und proaktiv nachfragt,
ob noch Fragen bestehen, der Börse signalisiert, dass er sie ernst nimmt, was wesentlich
995 ZUFFEREY, S. 596.
996 Ein Beispiel für eine solche Kooperation findet sich bspw. in: Entscheid von SER vom 1.11.2011 (SER-MT
I/11), Rz. 2 f: eine Mitarbeiterin des Emittenten kontaktierte die SIX wegen einer bisher nicht gemeldeten Management-Transaktion,
und SER sprach eine Empfehlung aus.
997 zu den Grundannahmen der Selbstregulierung vgl. auch SIGRIST, Selbstregulierung, S. 58.
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