Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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Auch Fritz und Karl wur<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m schönen Lied begrüßt.<br />
Als sie Platz genommen hatten, sangen sie kräftig mit, während<br />
Bellmann unermüdlich die Melodie auf <strong>de</strong>m Klavier spielte,<br />
immer dieselbe, immer da capo.<br />
Wie sich später herausstellte, hatten sämtliche Kompanien,<br />
laut Regimentsbefehl, e<strong>in</strong>en Übungsmarsch gehabt. Für alle<br />
war dieselbe Entfernung vorgeschrieben gewesen, so daß alle die<br />
gleichen Strapazen erdul<strong>de</strong>t hatten.<br />
Nun saßen sie, e<strong>in</strong>er hungriger als <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re, und warteten<br />
auf das Essen.<br />
Endlich erschien die Suppe, e<strong>in</strong>e gute dicke Erbsensuppe, und<br />
wie auf Kommando nahmen alle gleichzeitig die Löffel <strong>in</strong> die<br />
Hand.<br />
Der Dicke war zuesrt mit se<strong>in</strong>em Teller fertig, und sich wohlgefällig<br />
auf <strong>de</strong>n Magen klopfend, sagte er mit e<strong>in</strong>em komischen<br />
Seufzer: „Nun b<strong>in</strong> ich wie<strong>de</strong>r gern Soldat.”<br />
Das klang trotz alle<strong>de</strong>m so ernsthaft, daß man hätte glauben<br />
können, <strong>de</strong>r Dicke sei sonst mit se<strong>in</strong>em Los unzufrie<strong>de</strong>n. Aber die<br />
Kamera<strong>de</strong>n wußten das viel besser, und gera<strong>de</strong> weil sie wußten,<br />
wie gern er Soldat war, wirkten se<strong>in</strong>e Worte doppelt komisch.<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong> schallen<strong>de</strong>s Gelächter war die Antwort.<br />
Nach <strong>de</strong>r Suppe erschien e<strong>in</strong> mächtiger Kalbsbraten; aber so<br />
umfangreich er auch war, spurlos verschwand er von <strong>de</strong>r Erdoberfläche.<br />
„K<strong>in</strong><strong>de</strong>r, dieser Hunger!” sagte <strong>de</strong>r Dicke glückselig, als er jetzt<br />
e<strong>in</strong>e Kunstpause machte, nach<strong>de</strong>m er sich vorher <strong>de</strong>n Teller noch<br />
e<strong>in</strong>mal gehörig gefüllt hatte, damit ke<strong>in</strong>er von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />
hungrigen Raubrittern, wie er die Kamera<strong>de</strong>n nannte, ihm alles<br />
vor <strong>de</strong>m Mun<strong>de</strong> wegesse. „K<strong>in</strong><strong>de</strong>r, dieser Hunger,” wie<strong>de</strong>rholte<br />
er noch e<strong>in</strong>mal; „so 'n schönen Hunger habe ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em ganzen<br />
Leben noch nicht gehabt und so gut geschmeckt wie heute hat es<br />
mir auch noch nie. Ihr habt wohl bessere D<strong>in</strong>ge schon gegessen,<br />
auserlesenere Delikatessen, aber ich frage euch, hat euch jemals<br />
schon etwas so geschmeckt wie dieses Kalb, das nun <strong>in</strong> unseren<br />
Mägen ruht? Ach, es lohnt sich schon alle<strong>in</strong> Soldat zu wer<strong>de</strong>n,<br />
um diesen Hunger kennen zu lernen.”<br />
„Und diesen Durst!” klagte aus se<strong>in</strong>er Ecke hervor <strong>de</strong>r Herr<br />
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