Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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noch draußen an e<strong>in</strong>em Tisch, <strong>de</strong>n sie vor <strong>de</strong>n Zelte<strong>in</strong>gang geschoben<br />
hatten, und tranken e<strong>in</strong>en Punsch, <strong>de</strong>n die Burschen auf e<strong>in</strong>em<br />
kle<strong>in</strong>en Feuer <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Nähe bereiteten.<br />
Als Lampe diente e<strong>in</strong>e Stalllaterne, statt Gläser hatte man<br />
Z<strong>in</strong>nbecher, aber es schmeckte trotz<strong>de</strong>m sehr gut.<br />
Auch die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen-Unteroffiziere waren von ihren Hauptleuten<br />
e<strong>in</strong>gela<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n, e<strong>in</strong> Glas mit ihnen zu tr<strong>in</strong>ken. So<br />
saßen sie jetzt noch mit <strong>de</strong>n Offizieren zusammen, bis sie gegen halb<br />
elf Uhr zum Schlafen fortgeschickt wur<strong>de</strong>n. Nur bei <strong>de</strong>r Kompanie<br />
<strong>de</strong>s Dicken dauerte das Zusammense<strong>in</strong> länger, <strong>de</strong>nn da hatte e<strong>in</strong><br />
Leutnant heute se<strong>in</strong>en Geburtstag, und <strong>de</strong>r mußte gefeiert wer<strong>de</strong>n,<br />
so gut und so lang es g<strong>in</strong>g.<br />
Es war fast e<strong>in</strong> Uhr, als <strong>de</strong>r Dicke endlich entlassen wur<strong>de</strong>.<br />
Die Sterne, die zuvor noch hell leuchteten, waren schon seit<br />
mehr als e<strong>in</strong>er Stun<strong>de</strong> verschwun<strong>de</strong>n; dichte Wolkenschleier<br />
hatten sich vorgelagert. Es herrschte tiefe Dunkelheit.<br />
„Sie wer<strong>de</strong>n doch Ihr Zelt f<strong>in</strong><strong>de</strong>n?” fragte se<strong>in</strong> Kompaniechef.<br />
„Aber selbstverständlich, Herr Hauptmann!” entgegnete <strong>de</strong>r<br />
Dicke. Dann machte er sich auf <strong>de</strong>n Weg.<br />
Er g<strong>in</strong>g langsam im Dunkeln vorwärts. Je<strong>de</strong>n Augenblick<br />
stolperte er über e<strong>in</strong>en <strong>de</strong>r Her<strong>in</strong>ge o<strong>de</strong>r über e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r Zeltle<strong>in</strong>en.<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong> paarmal wäre er be<strong>in</strong>ahe gefallen. Und jetzt — bums! — da<br />
lag er wirklich. Er sprang auf, aber kaum wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Füßen,<br />
stolperte er von neuem über e<strong>in</strong>e Schnur. Um e<strong>in</strong>en Halt zu f<strong>in</strong><strong>de</strong>n,<br />
stütze er sich unwillkürlich mit bei<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n auf das niedrige<br />
Zelt; aber er mußte im Fallen <strong>de</strong>n Halt wohl zu energisch gesucht<br />
haben, <strong>de</strong>nn plötzlich gaben die dünnen Zeltstöcke nach, das Zelt<br />
brach mit e<strong>in</strong>em Schlage <strong>in</strong> sich zusammen und legte sich auf die<br />
unter ihm ruhen<strong>de</strong>n Schläfer.<br />
Und oben drauf, auf <strong>de</strong>m Zelt und auf <strong>de</strong>n Zeltbewohnern,<br />
lag <strong>de</strong>r Dicke.<br />
Das war e<strong>in</strong>e schöne Geschichte.<br />
Unter <strong>de</strong>m Dicken wur<strong>de</strong> es lebendig. Die Schläfer waren erwacht<br />
und suchten sich von <strong>de</strong>m auf ihnen lasten<strong>de</strong>n Gewicht zu<br />
befreien.<br />
Mit Hän<strong>de</strong>n und Füßen f<strong>in</strong>gen sie an zu strampeln. Dem<br />
Dicken kam es ganz so vor, als wer<strong>de</strong> mit ihm Fangball gespielt.<br />
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