Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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wiesene Stube geführt. Diese war kle<strong>in</strong> und niedrig; e<strong>in</strong>e entsetzliche<br />
Luft schlug ihnen entgegen. Hun<strong>de</strong>rte von Fliegen<br />
schwirrten im Zimmer h<strong>in</strong> und her. Und doch sahen sie auf <strong>de</strong>n<br />
ersten Blick, daß es die sogenannte gute Stube war, welche die<br />
Wirtsleute ihnen e<strong>in</strong>geräumt hatten. An <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n h<strong>in</strong>gen<br />
Photographien und zahlreiche Haussegen; auf <strong>de</strong>n Bor<strong>de</strong>n<br />
stan<strong>de</strong>n kle<strong>in</strong>e Nippessachen, sogar e<strong>in</strong> Sofa war vorhan<strong>de</strong>n.<br />
Die Fensterbretter waren mit starkriechen<strong>de</strong>n Blumen <strong>in</strong> bunten<br />
Töpfen besetzt, die Fenster selbst aber von außen mit e<strong>in</strong>em dicken<br />
Drahtgeflecht versehen, wohl zur Sicherheit gegen etwaige Diebe.<br />
„Erlauben Sie, die Fenster etwas aufzumachen?” bat Fritz, <strong>de</strong>r<br />
<strong>in</strong> <strong>de</strong>r glühendheißen Luft fast zu ersticken drohte.<br />
Aber die Frau wi<strong>de</strong>rsprach: „Dann fliegt uns ja die ganze<br />
gute Stube voll Staub; wir machen immer nur die Tür auf.”<br />
Endlich willigte sie doch e<strong>in</strong>, aber es half nicht viel. Die Fenster<br />
waren zu kle<strong>in</strong> und zu niedrig, um e<strong>in</strong>e größere Luftzufuhr zu<br />
ermöglichen.<br />
Da erschien auch schon e<strong>in</strong> Mädchen und brachte das Essen:<br />
e<strong>in</strong>e große Schüssel voll Fleischbrühe und zwei gebratene Hühner.<br />
„So, und nun lassen Sie es sich mal gut schmecken,” sagte die<br />
Wirt<strong>in</strong>.<br />
„Aber wo können wir unsere Sachen ablegen? Wo ist unser<br />
Schlafzimmer?”<br />
Die Frau sah die bei<strong>de</strong>n sehr erstaunt an. „So was kennen<br />
wir nicht — wir schlafen hier,” und dabei öffnete sie die Doppeltüren<br />
e<strong>in</strong>es großen Wandschranks, <strong>de</strong>r <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e tiefe Nische e<strong>in</strong>gelassen<br />
war.<br />
Das war e<strong>in</strong> sogenannter Bettschrank; e<strong>in</strong> breites Bett, für<br />
zwei Personen berechnet, aus e<strong>in</strong>em Strohlager hergestellt,<br />
mit zwar grobem, aber schneeweißem Le<strong>in</strong>en bezogen, wur<strong>de</strong> dort<br />
sichtbar.<br />
„Hier, da schlafen Sie bei<strong>de</strong> — besser haben wir das nicht, und<br />
dies hier” — sie zeigte auf e<strong>in</strong>en dicken Knüppel, <strong>de</strong>r an e<strong>in</strong>em<br />
Le<strong>de</strong>rriemen am Kopfen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bettes h<strong>in</strong>g — „das ist <strong>de</strong>r Müsknüppel.<br />
Wenn die Mäuse heute nacht zu laut im Stroh rascheln,<br />
dann schlagen Sie mal feste mit <strong>de</strong>m Knüppel gegen die Wand;<br />
dann s<strong>in</strong>d sie still.”<br />
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