Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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Der wird ja auch auf <strong>de</strong>n Gymnasien mit e<strong>in</strong>em Festakt<br />
gefeiert, aber die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen merkten sehr bald, daß man diese<br />
Feier mit <strong>de</strong>r beim Militär nicht vergleichen darf.<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong>es Tages hieß es <strong>de</strong>s Mittags bei <strong>de</strong>r Paroleausgabe,<br />
daß je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r an Kaisers Geburtstag irgendwie beim Feste mitzuwirken<br />
wünsche, sich mel<strong>de</strong>n solle. Fast alle traten vor. Der e<strong>in</strong>e<br />
wollte s<strong>in</strong>gen, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re tanzen, <strong>de</strong>r dritte turnen, wie<strong>de</strong>r e<strong>in</strong><br />
an<strong>de</strong>rer, e<strong>in</strong> Kunstfahrer von Beruf, wollte sich auf se<strong>in</strong>em Rad<br />
produzieren, e<strong>in</strong> Bauchredner se<strong>in</strong>e Künste zeigen — je<strong>de</strong>r wollte<br />
etwas, <strong>de</strong>nn an Kaisers Geburtstag mitzuwirken, ist für je<strong>de</strong>n<br />
Ehrenpflicht.<br />
Da galt es für die Offiziere natürlich e<strong>in</strong>e engere Auswahl<br />
zu treffen, <strong>de</strong>nn die vier Kompanien e<strong>in</strong>es Bataillons feiern<br />
immer <strong>in</strong> <strong>de</strong>mselben Lokal zusammen. Alle<strong>in</strong> schon mit Rücksicht auf<br />
die Dauer <strong>de</strong>r Vorstellung ist es nicht möglich, alle, die auftreten<br />
wollen, auch auftreten zu lassen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Tanz erfor<strong>de</strong>rt auch<br />
se<strong>in</strong> Recht, und so gern die Soldatenbräute <strong>de</strong>n Vorführungen<br />
auf <strong>de</strong>r Bühne zusehen, noch lieber ist es ihnen doch, an diesem<br />
Festabend flott zu tanzen.<br />
Natürlich war es für die <strong>E<strong>in</strong></strong>jährigen sofort beschlossene Sache,<br />
daß auch sie mitwirken wollten; nur konnten sie sich über die Art<br />
und Weise ihrer Beteiligung nicht klar wer<strong>de</strong>n. Dem Dicken rieten<br />
die an<strong>de</strong>ren ansche<strong>in</strong>end ganz ernsthaft, als Schlafkünstler aufzutreten,<br />
während er sich selbst durchaus als Schlangenmensch<br />
produzieren wollte. Und dabei blieb es auch. Wie er das Kunststück<br />
fertig br<strong>in</strong>gen wollte, wußte ke<strong>in</strong> Mensch, <strong>de</strong>r Dicke am wenigsten,<br />
aber er schwur Ste<strong>in</strong> und Be<strong>in</strong>, daß es ihm schon noch e<strong>in</strong>fallen<br />
wür<strong>de</strong>.<br />
Schließlich waren Bellmann und <strong>de</strong>r Dicke die e<strong>in</strong>zigen,<br />
<strong>de</strong>ren Mitwirkung angenommen wur<strong>de</strong>. Die Hauptleute baten<br />
die an<strong>de</strong>ren, freiwillig zurückzutreten, um die Mannschaften durch<br />
ihre Leistungen nicht <strong>in</strong> <strong>de</strong>n H<strong>in</strong>tergrund zu drängen. Von <strong>de</strong>m<br />
Auftreten <strong>de</strong>s Dicken als Schlangenmenschen versprach man sich<br />
e<strong>in</strong>en großen Erfolg, während Bellmann als Klaviervirtuose wirklich<br />
künstlerische Ehren ernten sollte.<br />
Mit e<strong>in</strong>em Zapfenstreich wur<strong>de</strong> am Vorabend Kaisers Geburtstag<br />
e<strong>in</strong>geleitet. Fritz und Karl gehörten mit zu <strong>de</strong>r Kompanie,<br />
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