Ein Jahr in Waffen - Karlheinz-everts.de
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unseren Worten nicht folgst und so weiterlebst, dann trennen<br />
sich unsere Wege. Wir sagen uns dann ganz von dir los.”<br />
Martens stand da, unfähig zu sprechen; er zitterte vor Erregung,<br />
je<strong>de</strong>r Blutstropfen war aus se<strong>in</strong>em Gesicht gewichen. Endlich<br />
aber rief er mit heiserer Stimme: „Und ihr glaubt, daß ich mir<br />
von euch K<strong>in</strong>dsköpfen Vorschriften machen lasse? Ich weiß ganz<br />
genau, was ich zu tun und zu lassen habe; ich f<strong>in</strong><strong>de</strong> es ebenso<br />
unpassend wie lächerlich, mir überhaupt e<strong>in</strong>en Vorhalt machen<br />
zu wollen. Ich pfeif' auf euch alle! Das wer<strong>de</strong> ich <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />
da dr<strong>in</strong> auch erklären —” und mit raschem Griff zog er die Portiere<br />
zurück und öffnete <strong>de</strong> Tür. Aber <strong>de</strong>r Dicke kam ihm doch zuvor<br />
und trat als erster <strong>in</strong> das Zimmer.<br />
„Los, Bellmann!” rief er. „Setz dich mal rasch ans Klavier<br />
und spiel irgend etwas, aber fortissimo, so laut, daß niemand hört,<br />
was Martens jetzt sagen wird. Los mit <strong>de</strong>r Musike! Und im<br />
übrigen wer<strong>de</strong>n wir alle <strong>de</strong>m Herrn Studiosus bis auf weiteres<br />
wie<strong>de</strong>r ‚Sie‛ nennen, und nur dann mit ihm sprechen, wenn es<br />
unbed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong> muß.”<br />
Gleich darauf haute Bellmann <strong>de</strong>rartig auf die Tasten los,<br />
daß es e<strong>in</strong>en Höllenlärm gab, und <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s Zimmers<br />
stand Martens, jetzt mit e<strong>in</strong>em dunkelroten Kopf und zornblitzen<strong>de</strong>n<br />
Augen, und hielt e<strong>in</strong>e donnern<strong>de</strong> Re<strong>de</strong>. Aber je mehr er donnerte,<br />
<strong>de</strong>sto mehr donnerte Bellmann auch auf se<strong>in</strong>em Klavier herum, bis<br />
Martens endlich wutentbrannt aus <strong>de</strong>m Zimmer stürzte und die<br />
Tür h<strong>in</strong>ter sich zu schlug.<br />
„So, Bellmann, nun hör um Gottes willen wie<strong>de</strong>r auf!” rief <strong>de</strong>r<br />
Dicke, als Martens gegangen war. „Bei <strong>de</strong>m Radau, <strong>de</strong>n du machst,<br />
<strong>de</strong>nkt man wirklich an die Worte von Wilhelm Busch: ‚Musik wird<br />
oft nicht schön empfun<strong>de</strong>n, weil meist sie mit Geräusch verbun<strong>de</strong>n.‛”<br />
Mit e<strong>in</strong>em mächtigen Akkord, daß fast die Saiten sprangen,<br />
schloß Bellmann. Dann erzählte <strong>de</strong>r Dicke, was er <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren<br />
an Liebenswürdigkeiten gesagt hatte.<br />
„Aber bist du da nicht vielleicht doch zu weit gegangen?”<br />
fragte Karl. „Wenn er jetzt noch unsoli<strong>de</strong>r wird, dann kann er<br />
schließlich immer die Ausre<strong>de</strong> und die Entschuldigung gebrauchen,<br />
wir hätten ihn dazu getrieben, <strong>in</strong><strong>de</strong>m wir gewissermaßen je<strong>de</strong>n<br />
Verkehr mit ihm abbrachen.”<br />
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